Querverweise » Fundstücke, Lesenswertes & Links – 16

Fundstuecke_01c.jpgErster Oktobereintrag. Fein! Kleiner Hinweis: bei der Illustration rechts handelt es sich nicht um jahreszeitliche Anbiederung oder Folklore. Es ist ein Schmetterling und kein zufällig herbeigewehtes Stückchen Herbstlaub. Stammleser wissen das ja ohnehin. Stammleser wissen auch, daß die Rubrik "Querverweise" stets unterschiedlichste Beiträge und Lesetipps zusammenstellt. So auch heute…

Was erwartet die geneigte Leserschaft? Zum einen Danksagungen, dann Literatur- und Musiktipps und ein Hinweis auf den Blog-Aktionstag "Free Burma" am Donnerstag, den 4. Oktober 2007.

 


»1. Als freischaffender Sozialwissenschaftler ist man nicht auf Rosen gebettet. Die Stellen an Unis oder Forschungsinstituten sind rar gesät und ohnehin stets befristet. Genauso unsicher und von finanziellen Durststrecken geprägt ist bekanntlich das Künstlerdasein. Ich kann mich im Moment nicht entscheiden, ob der Umstand, daß sich das eigene Konto mehr und mehr als Hort des "Minusgeldes"1 erweist, leichter zu ertragen ist, wenn man sich einredet, man betreibe schließlich Kunst. Und zum Wesen großer Kunst gehöre es ja in schöner Regelmäßigkeit, daß sie zunächst verkannt werde und man erst posthum Ruhm und Ehre erfahre. Zu Lebenszeiten hat man sich demzufolge damit abzufinden, daß es einem durch die Decke auf den Kopf regnet und es nur jeden zweiten Tag ein warme Mahlzeit gibt.

Für wissenschaftliche Dienstleistungen geht diese Rechnung eher nicht auf. Wenngleich die Lebensrealität durchaus Parallelen aufweisen. Weshalb ich hier den großen KJammerton in Moll anstimme? Hat mich doch der Herbstblues erwischt?

Nein, die Sache ist leicht erklärt: ganz aktuell ist im Piperverlag der vielversprechende Gesprächs- und Interviewband "Wovon lebst Du eigentlich? Vom Überleben in prekären Zeiten" erschienen. Herausgeber sind Jörn Morisse und Rasmus Engler – ich frage mich freilich, weshalb ich nicht befragt wurde. Aha, Harry Rowohlt wurde zum Gespräch gebeten. Naja, der hat eine sonore Stimme und wartet sicher mit tollen Anekdötchen auf.

In telepolis erzählt Rasmus Engler u.a. folgendes:

Zunächst mal halte ich den Begriff des "Prekariats" in Hinblick auf eine aktuelle Entwicklung grundsätzlich eher für eine Konstruktion. Davon abgesehen ist ja so, dass die Tatsache, dass viele der Protagonisten des Buches sich in einer Situation befinden, die man als "prekär" bezeichnen kann, zunächst einer durchaus bewussten Entscheidung der einzelnen geschuldet ist und nicht unbedingt der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Zeit, auch wenn diese natürlich auch die Kulturschaffenden nicht unbeschadet hinterlässt – allerdings befinden sich die meisten ja schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten in dieser Lage. "Das Gerede vom Prekariat interessiert mich nicht. Ich war noch nie in einer anderen Situation." bringt es Martin von "Sport" auf den Punkt.

Das telepolis-Interview sollte man lesen und das Buch ist sicher kein Fehlinvestition. Vielleicht sollte ich mich selbst intensiver mit Berichten aus dieser "übersehenen Zone" zu Wort melden? Denn Engler stellt zutreffenderweise fest:

Man befindet sich schlicht in einer übersehenen Zone – den ungläubig dahingestaunten Satz "Aber davon kann doch keiner leben!?" kennen ja schließlich fast alle Befragten.

Hübsch gesagt: "..dahingestaunter Satz…". :-)

Wer mehr wissen und lesen will, hier:

 


»2.  Themenwechsel und kurzer Hinweis: Aufmerksamen Lesern ist vermutlich und hoffentlich das kleine Banner am rechten, unteren Bildschirmrand aufgefallen, das seit wenigen Tagen die Wissenswerkstattseite ergänzt.2 Wer den Mut hatte draufzuklicken, wird auf die Website "www.free-burma.org" weitergeleitet. Was verbirgt sich dahinter?

Nachdem seit Anfang September die Proteste gegen die Militärjunta in Burma/Myanmar immer mehr Zulauf bekamen, die buddhistischen Mönche immer mehr Zuspruch und Sympathie aus der Bevölkerung ernteten, ging das Regime in Rangun bekanntlich zusehends massiver gegen diese Demonstrationen und Proteste vor.

Letzte Woche hatte sich die Situation ja leider soweit zugespitzt, daß neben den üblichen Versuchen die Meinungs- und Pressefreiheit zu unterdrücken, auch massive Gewaltanwendungen und Übergriffe auf Oppositionelle zu verzeichnen waren. Es kam im weiteren Verlauf zu abscheulichen Szenen, Studenten und andere Protestteilnehmer wurden teilweise bis zum Tode  zusammengeknüppelt. Am Donnerstag wurde auch ein japanischer Photograph erschossen. 

Klar ist: die Militärjunta versucht mit allen Mitteln die freie Meinungsäußerung und die Demokratieforderungen zu unterdrücken. Die Medien sind kontrolliert und zensiert. Eines der wichtigsten und inzwischen das letzte Informationsmedium sind einige Blogs. Am Freitag wurden letztlich auch die Internetverbindungen des südostasiatischen Landes gekappt. Dennoch halten einige Blogger weiterhin ihre Informationsarbeit aufrecht – ungeachtet der Repressalien, die sie zu befürchten haben.

Dieser Mut der burmesischen Blogger3 ist beachtlich; und um auf die eklatanten Mißstände in Burma hinzuweisen und zu demonstrieren, daß sich die Blogcommunity weltweit mit der Demokratiebewegung in Burma solidarisiert, findet am kommenden Donnerstag, den 4. Oktober 2007 ein Blogaktionstag statt. Angeleiert hat das in Deutschland Robert Basic. Inzwischen sind viele, viele mit an Bord. Offiziell beteiligen sich bereits jetzt über 2000 Blogs weltweit und werden übermorgen keinen alltäglichen Blogbeitrag, sondern einen Artikel zur Lage in Burma unter dem gemeinsamen Banner "Free Burma" veröffentlichen.

Jeder Blogger, jeder Website-Betreiber sei hiermit aufgerufen, sich doch auch zu beteiligen. Wie inzwischen auch aus Burma bekannt wurde, wird dort sehr wohl registriert, ob "die Welt" an ihrem Freiheitskampf Anteil nimmt. Es ist also auf diese Weise möglich, erstens Bewußtsein und Aufmerksamkeit zu schaffen, zweitens den Betroffenen zu signalisieren, daß ihr Anliegen registriert und wenigstens moralisch unterstützt wird. 

  • Einer der zentralen Infoblogs: Ko Htike (Ständig aktuelle News aus Burma)
  • Infos, wie immer bei Robert Basic – zuletzt [hier!]

 


»3. Auch ein Blogcommunitythema, allerdings ohne weltpolitischen Hintergrund: vor gut 3 Wochen waren ja einige Blogger aus dem süddeutschen Raum hier in München zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch zusammengekommen. Daß es nette Gespräche gab, wurde ja hinlänglich dokumentiert. 

Vor ein paar Tagen erreichte mich nun auch noch Post von Alin. Hintergrund: Alin ist ja der Macher hinter dem Rezepteblog "Huettenhilfe.de" und wir haben beim Blogtreffen ein wenig über kulinarische Vorlieben gesprochen. Irgendwann kam man auf die Problematik zusprechen, daß Chilis (egal ob in getrocknetem oder frischem Zustand) sehr unterschiedliche Schärfegrade aufweisen. Im Prinzip weiß man erst nachdem man reingebissen hat, ob es nun ein scharfes oder mildes Exemplar war. Und Alin erzählte von einer wahren Feuerschote, die irgendwann sein Vater angepflanzt hatte. Und da ich gerne wirklich scharf esse, war ich da durchaus interessiert.

Und dreimal dürfen sie raten, was mir Alin geschickt hat – genau: zwei getrocknete Schoten dieser Zucht und ich werde einige Samen nächstes Frühjahr zum Keimen bringen. Ich werde dann berichten, ob Alin zuviel versprochen hat… einstweilen: herzlichen Dank für die heiße Post! :-)

 


»4. Eher für die entspannten Klänge ist die Band "Erdmöbel" bekannt. Ich hatte ja schon eingehend über die letzte Platte ("No.1-Hits") der Neu-Kölner berichtet. Aktuell sind die Herrschaften auf Tour und Bosch berichtet vom Hamburger Konzert:

Es war ein großartiges Konzert. Jeder, der die Gelegenheit hat, die Band auf ihrer Tour noch live zu erleben, sollte sich dies nicht entgehen lassen. Ich sage: Danke, Erdmöbel.

Hier geht’s zum lesenswerten Bericht:

 

 


»5. Das neue Radiohead-Album wird am 10. Oktober veröffentlicht und hört auf den Namen "In Rainbows". Über das Cover-Artwork kann man streiten, aber ich bin sehr gespannt auf die neuen Songs. Und – weswegen ich darauf hier schon hinweise: Radiohead beschreiten einen – nach meinem Dafürhalten – sehr zukunftsweisenden Weg: die Veröffentlichung findet nämlich über zwei Absatzwege statt.

  • 1. konventionell über den Plattendealer. Dort gibt es eine tolle Discbox mit allerlei Zusatzgimmicks.
  • 2. Download-Variante. Und: man kann sich [hier] für den Download des gesamten Albums registrieren und den Preis bestimmt man selbst. Ich behaupte: es werden sehr viele Fans der Band zwei, drei Euro (oder auch etwas mehr?) für den Download zahlen und später mit gutem Gewissen die Konzerte besuchen. Bin gespannt, welche Resonanz dieses Angebot erhält.

[via: Nerdcore, Nicorola]

 

Technorati: free-burma


 

 

  1. frei nach Peter Licht… []
  2. Gebastelt hat das die fleißige Cindy von der Blogwiese. Danke! []
  3. Teilweise sind es auch Exil-Burmesen, die in London oder den USA den Blog mit den Infos ihrer Landsleute befüttern. []

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