Hippokrates 2.0 » Die Szene der Medizin- und Arztblogs | Werkstattnotiz LXI

Medical_01a.jpgEiner der aktuellen Trends in der Blogosphäre ist die Spezialisierung: bloggende Anwälte gehören mittlerweile zu den heimlichen Stars des Web 2.0, aber auch so ehrenwerte Berufsgruppen wie Buchhändler oder Bestatter, haben ihre Nische besetzt und sich eine treue Fangemeinde erobert.

Eine Profession, deren Berufsalltag sich in hervorragender Weise für einen Blog eignen würde, ist aber bislang überhaupt nicht nennenswert in Erscheinung getreten: die Medizin. Wo sind die bloggenden Ärzte und Apotheker?

Wollte man sich anhand der Blogosphäre ein Bild1 von die Gesellschaft machen, wollte man also anhand der Blogautoren auf die Arbeits- und Berufswelt rückschließen, so käme ein groteskes Zerrbild heraus. Man müßte glatt annehmen, wir seien ein Volk von Medienschaffenden, Suchmaschinenoptimierern und Freizeitliteraten. Und, wie wunderbar: Krankheiten scheinen keine große Rolle zu spielen, denn Ärzte gäbe es in dieser Gesellschaft kaum… 

Wo sind die bloggenden Ärzte oder Apotheker? Am Berufsgeheimnis kann die Zurückhaltung nicht liegen – die bloggenden Anwälte machen es vor…

Wieso aber gibt es in Deutschland so gut wie keinen bloggenden Arzt? Frust und Lust des medizinischen Geschäfts würden sich doch sicher hervorragend eignen, um einen lesenswerten Blog zu füllen? Kuriositäten aus der Praxis oder nette Wartezimmergeschichten warten doch nur darauf, um hübsch verpackt die Blogosphäre zu bereichern? Genausogut könnten Apotheker aus dem Nähkästchen bzw. Pillendöschen plaudern – am Berufsgeheimnis kann die Zurückhaltung nicht liegen, denn was Rechtsanwälte können, sollten Ärzte ebenso hinbekommen.

Was ist es dann? Ist es der aufreibende Arbeitstag und die überlangen Dienstzeiten, die nicht einmal 1-2x pro Woche eine kleine Notiz erlauben? Oder ist es die Befürchtung, sich "angreifbar" zu machen, wenn man Kollegen und Patienten hinter die Kulissen blicken ließe? Das wäre immerhin eine Erklärung, denn kaum eine andere Berufsgruppe weist ähnliche Inszenierungsleistungen auf wie die Ärzteschaft. Und die Trennung zwischen "Vorder- und Hinterbühne"2 ist in der Medizin besonders strikt.

Die Medizin-Blog-Nische wartet darauf, besetzt zu werden. Special-Interest-Blogs haben Konjunktur. Wann startet das erste Ärzteblog durch?

Dennoch ist es erstaunlich, daß man bloggende Ärzte bislang mit der Lupe suchen muß. Denn Themen- bzw. Special-Interest-Blogs hätten Konjunktur. Und das Thema Gesundheit ist tatsächlich ein Megathema, mit dem man viele Stammleser an sich binden könnte. Ob man den Blog eher anekdotisch ausrichten, also die konkreten Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag in den Vordergrund rücken wollte oder einen medizinischen Themenblog aufziehen, in dem man sich allerlei medizinischen Fragen aus der Sicht eines Praktikers nähern würde, bliebe ja jedem selbst überlassen.

Ein Streifzug durch die aktuelle Blogosphäre zeigt jedenfalls, daß man bislang nicht allzuviel Konkurrenz zu fürchten bräuchte. Abgesehen von einigen zweifelhaften Blogs zu medizinischen Themen, die eher als Pharma-PR daherkommen, halte ich derzeit folgende deutschsprachige Blogs aus dem Medizin- und Gesundheitsbereich für erwähnenswert:

Bloggende Ärzte:

Günter Schütte, echter Landarzt aus Ostfriesland, bloggt seit einem Jahr zu Gesundheitspolitik, Neuigkeiten aus der medizinischen Forschung und anderen gesundheitlichen Themen. Ab und zu gibt es auch Informationen und Einblicke aus der ärztlichen Praxis. Ein buntes ärztliches Themengemisch – zuletzt gab es verständliche Anmerkungen zu einer britischen Studie, die zeigte, daß zuckrige Limonaden das Gichtrisiko erhöhen ("Fruchtzucker erhöht das Risiko für Gicht")

Dem Bloguntertitel "Ein Allgemeinarzt vom Land denkt über Gesundheit und Krankheit nach" ist wenig hinzuzufügen – ein seriöser, lesenswerter Medizinblog. Diesem Blog wäre größere Popularität zu wünschen.
 

Ein Medizin- und Arztblog wie er sein soll: informativ, fachbezogen und humorvoll. Aus all den schrägen Erlebnissen des Klinikalltags, all den ganz normalen Verrücktheiten des Arztberufs und den sozialen Deformationen, die der Arztberuf mit sich bringt, werden hier lesenswerte Blogposts gebastelt.

Leider bleibt der Autor3 anonym, aber das schadet dem positiven Gesamteindruck nur marginal. Wer  etwa wissen will, wie man sich als kleiner Assistenzarzt zwischen den leitenden Alpha-Tieren des Klinikbetriebs bewegt, wie man deren Sozialverhalten imitiert und welche Namen Chefärzte ihren Kindern geben, der ist hier gut aufgehoben. Zur Namensgebung:

"Wichtig ist, dass der 2. Vorname so ist wie der des Großvaters, damit die akademische Geschichte der Familie jedem unter die Nase gerieben werden kann, sobald die Frage nach der Namenswahl für den Sprößling kommt. Auf Verirrungen wie Angelina Julie Schmidt wird man in diesen Kreisen eher nicht stoßen."

Prädikat: lesenswert!
 

Der Blog, der unbedingt den Sonderpreis für den besten Blognamen verdient, ist die Hypnosekröte. Zugegeben: jeder, der ein Helmut-Schmidt-Zitat als Bloguntertitel führt, genießt bei mir einen gewissen Sympathievorschuß. Allerdings ist dieser Blog auch bei genauerem Hinsehen ein Lichtblick. Ein Medizinstudent, der gerade seine PJ-Stationen durchläuft, berichtet über die ersten Gehversuche als Arzt in der klinischen Ausbildung. 

Hier werden nette kleine Erlebnisse erzählt, die wohl so mancher junge Arzt aus eigener Erfahrung allzu gut kennt. Arbeitsfrust und -lust wechseln sich ab und dann erfährt man auch, daß im OP bisweilen Wetten darüber abgeschlossen werden, wie hoch das Gewicht des soeben rausoperierten Organs ist. Vergangene Woche, bei einer Schilddrüse, lag die Hypnosekröte am nächsten…

Dr. Georg Mekras aus Frankfurt hat schon im November 2005 mit dem Blog begonnen und ist insofern schon ein alter Bloghase. Gepostet wird eher unregelmäßig, dafür zu einem breiten Themenspektrum aus Medizin und Gesundheit. Selbstauskunft: "Das Ziel ist die Archivierung von (für mich) interessanten medizinischen Informationen und News."

Es bloggt der Arzt Martin Gerken, der z.Z. an der Uni Bremen u.a. an der Abteilung für klinische Pharmakologie arbeitet. Der Blog besteht erst seit zwei Monaten und richtet sich wohl eher an Fachkollegen, Medizinstudenten und fachlich-interessierte Laien. Es wird kein Klinikflurtratsch ausgebreitet, sondern fachbezogene Hinweise und Anmerkungen gepostet.
 

Übersichtlich, fachlich fundiert und informativ präsentiert sich der Blog von Frau Dr. Sieglind Zehnle. Die Allgemeinmedizinerin und Hausärztin aus Ostfildern-Scharnhausen ist noch nicht lange bloggend unterwegs, aber die ersten Artikel sind sehr vielversprechend.

Man findet keine Plaudereien aus dem Arztleben, dafür allgemeinverständlich aufbereitete Infos zu allen möglichen Fragen. Da werden Tipps zu Kopfläusen genauso präsentiert, wie eine Liste zu den geläufigsten Reise-Impfungen. Oder es werden – ganz aktuell – Fragen zur Laktoseintoleranz beantwortet ("Wenn Milchzucker krank macht – Oft gestellte Fragen zur Laktose-Intoleranz"). Insgesamt ein ansprechender Medizinblog.
 

  • On the move | Erfreuliches, Sarkastisches und Nachdenkliches aus Umfeld und Leben einer jüdischen Ärztin

Wie man anhand des Blogtitels schon sehen kann: hier handelt es sich quasi um einen Hybrid-Blog. Einerseits drehen sich die Blogthemen um die Arbeit einer Ärztin, andererseits werden auch die Erfahrungen einer zum Judentum konvertierten Frau reflektiert. 

Unter dem Pseudonym "Medbrain2001" bloggt hier eine überlegte Medizinerin, die immer wieder auch Gedanken zur medizinischen Ethik postet. Die Artikelfrequenz ist nicht sonderlich hoch, aber auch wenn zwischen den Artikeln mitunter einige Wochen Pause liegen, so sind sie doch lesenswert.  
 

Ein junges Blogprojekt, das sich durch verständlich aufbereitete medizinische Infos auszeichnet. Zuletzt war unter dem Titel "Medikamente einnehmen: Aber richtig" u.a. zu lesen, daß Grapefruitsaft nie zusammen mit Medikamenten eingenommen werden soll, da ansonsten sogar Vergiftungen drohen. 

Leider schweigt sich das Blog über die Identität der Autoren aus (bislang treten eine Christina und ein Michael in Erscheinung). Betreiber des Blogs ist eine "SEOmetrie Gmbh", die in Berlin ansässig ist. Weshalb man nicht erläutert, ob die Autoren Journalisten oder Ärzte sind, weiß ich nicht. Welche Zwecke die SEOMetrie-GmbH mit diesem Blog verfolgt, weiß ich auch nicht, allerdings macht das Angebot einen seriösen Eindruck.

 


 

So, das sind diejenigen Blogs, die man (meines Erachtens) guten Gewissens empfehlen kann. Möglicherweise habe ich auch einen Ärzteblog übersehen – in den Kommentaren bin ich für weitere Hinweise dankbar. Allerdings habe ich einige Blogs zweifelhaften Charakters auch aus dieser Zusammenstellung herausgelassen.

Warum finden sich ausgerechnet bei Ärzteblogs so viele fragwürdige Angebote? Und: Weshalb bloggt kaum ein Arzt unter seinem richtigen Namen?

Weshalb sich gerade im medizinischen Bereich auffallend viele zwielichtige Akteure tummeln, wäre eine andere Frage. Auffallend ist übrigens auch, daß (bis auf 3 Ausnahmen) die ärztlichen Blogger nicht mit Klarnamen aktiv sind. Auch das Impressum weist bestenfalls ein Kontaktformular auf. Auch darüber ließe sich vermutlich bestens spekulieren…

Es gibt natürlich noch weitere Blogs, deren Fokus auf Gesundheitsthemen liegt. Allerdings werden diese vorrangig von Medizinjournalisten betrieben. Und an die sind doch andere Maßstäbe zu legen – außerdem ist die thematische Ausrichtung eines Medizinjournalismusblogs von dem eines Arztblogs unterschiedlich. 

Den Gesundheits- und Medizinblogs mit journalistischem Background widme ich mich in einem Folgebeitrag.

 

  1. Das Symbolphoto stammt übrigens von Stock.xchng (User: lusi) []
  2. Der Soziologe Erving Goffmann beschrieb die Unterschiede der alltäglichen Selbstdarstellung von Personen und/oder Institutionen, die zwischen der "offiziellen" und für jedermann sichtbaren Darstellung (=Vorderbühne) und der "inoffiziellen", nur für Eingeweihte zugänglichen Darstellung (=Hinterbühne) eine Trennlinie einziehen. []
  3. Jedenfalls entdecke ich weder ein handfestes Impressum, noch andere belastbare Infos. []

51 Gedanken zu „Hippokrates 2.0 » Die Szene der Medizin- und Arztblogs | Werkstattnotiz LXI“

  1. Ich glaube es ist recht logisch, warum Mediziner anonym bloggen, denn schließlich gibt es die ärztliche Schweigepflicht. Natürlich muss man keinen Namen des Patienten nennen, aber in kleineren Orten und Krankenhäusern wäre trotzdem sehr schnell klar, wer gemeint ist. Von daher finde ich es gut, wenn Mediziner anonym bloggen wollen.

    Ich versuche auch gerade ein paar Mediziner zum Bloggen anzuregen, mal schauen ob es klappt…

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  2. @Sebastian:

    Klar, die Schweigepflicht ist da, allerdings sind daran auch andere Berufsgruppen gebunden. Und ich würde es auch nicht begrüßen, wenn mein Arzt wenige Minuten nach dem verlassen seiner Praxis meine Krankengeschichte ins Netz stellt…

    Aber: erstens gibt/gäbe es ja auch Medizinblogs, die überhaupt keine Bezugnahme auf konkrete Fälle/Patienten vornehmen müßten. Auch solche sind aber überwiegend anonymisiert. Zweitens machen es Anwälte – allen voran Udo Vetter in seinem Lawblog – vor, daß man hier dennoch Persönlichkeitsrechte von Mandanten wahren könnte.

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  3. Wenn der Arzt anonym bloggt, weiß der Leser nicht, ob es auch wirklich ein Arzt ist.

    Der bloggende Arzt, der nicht mit seinem Namen für seinen Text gerade steht – kann man ihm trauen?

    Es besteht im Internet ein großer Bedarf an unabhängiger, seriöser und kommerzfreier medizinischer Information. Ich würde es begrüssen, wenn sich noch mehr meiner Kollegen zum Bloggen entschließen könnten.

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  4. @Martin Huhn:

    Ja, ja, es war natürlich „Schmidt-Schnauze“, der sich solchermaßen als pragmatischer Realpolitiker behauptete. Ich hatte irgendwie in der Eile den guten alten Wehner im Sinn. Aber Danke noch für den Hinweis.

    @Günter Schütte:

    Mir fiel bei meinem kurzen Durchgang durch die medizinischen Blogs ja auf, daß oftmals undurchsichtige kommerzielle Interessen vorliegen. Die unabhängigen, glaubwürdigen Blogs sind in der Minderzahl. Und die Glaubwürdigkeit wäre noch um einiges höher, wenn der Autor mit seinem Namen firmieren würde. Ihr Blog ist da ja eine rühmliche Ausnahme! :-)

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  5. Tja, das ist eine gute Frage: Warum bloggen die meisten Ärzte bisher nicht?
    1) Zeitmangel – bei einem 10-12-Stunden-Arbeitstag haben die meisten wohl abends kein Interesse mehr, am PC medizinisch weiterzuarbeiten. Da ist man froh, wenn die eigene Homepage „steht“ und keinen weiteren Aufwand nach sich zieht.
    2) Schweigepflicht
    3) Wir haben ein zwar etwas gelockertes, aber immer noch sehr striktes Werbeverbot von unseren Ärztekammern auferlegt bekommen. Bis vor kurzem durften wir nicht einmal Fotos in weißen Arzt-Kitteln veröffentlichen! Es ist auch nur erlaubt, sachliche Informationen weiterzugeben, keine Selbstdarstellungen etc. Sonst drohen uns hohe Geld- und Ordnungsstrafen.
    Ich selbst habe mich von den Vorteilen des Bloggens überzeugen lassen. Das ist einfach eine tolle Art des Kommunizierens, und man kann überall und jederzeit aktuell posten. Wobei: Ich arbeite mich zur Zeit noch ein …

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  6. Danke – erstmal – für die Fleißarbeit Deiner Recherche und mein persönlicher Blogroll ist wieder bereichert ;-))

    Ich habe großes Verständnis dafür, wenn Ärzte anonym bloggen. Gerade jener „Assistenzarzt-Blog“ wäre ohne Anonymität schlicht nicht möglich und wir Leser könnten nur ein „geschöntes“ Bild vom Krankenhausleben – wenn überhaupt – bekommen. Wer öfters mal als Patient im Krankenhaus ist, weiß wie „klein“ die Welt auch „draußen“ ist. Man würde sofort wissen, welche Kollegin gemeint ist, wenn z.B. von der „Heckenschützenkreissägenantipathie“ berichtet wird. Ohne anonymes Posting hätte die berichtende Ärztin zumindest in kleinen Häusern bald keine Arbeit mehr….und die Lokalpresse ggf. für das Krankenhaus ganz schön imageschädliches Berichtsmaterial….

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  7. Ich glaube nicht, dass es fast keine bloggenden Ärzte gibt – es gibt schon ein paar. Viel sind’s aber nicht, das stimmt schon.

    Das Problem liegt aber vielleicht weniger an der Schweigepflicht (wer würde allen Ernstes Patienentgeschichten bloggen wollen?), sondern vor allem an den Verstrickungen des Werbeverbots für Ärzte & Co. Da haben die Anwälte schon ein paar mehr Freiheiten.

    Und das andere Problem liegt (bei den angestellten Ärzten) sicher darin, dass es kaum einen schlimmeren Kollegen-Hickhack gibt wie unter Ärztens. Da bloggt man nicht gerne und schon gar nicht mit Realnamen.

    Und letztlich mag nach 12 h Dienst (und mehr) auch kaum einer noch grossartig bloggen wollen…

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  8. Das Problem ist vermutlich unter anderem, dass bis vor einigen Jahren ein sehr strenges Werbeverbot für Ärzte bestand. Und ein persönliches Blog wäre da sicherlich immer in der Grauzone gewesen, zumindest aus Sicht der nichtbloggenden Kollegen.

    Und die Angst, einen Verstoß gegen standesrechtliche Richtlinien zu begehen, haben viele Ärzte beibehalten, obwohl rechliche Probleme nicht (mehr) zu erwarten sind.

    Außerdem ist die Zielgruppe (Kollegen) nicht groß genug, um lohnend. Wendet man sich jedoch an Patienten, dann kann das durchaus erfolgreich sein und vor allem Spaß machen. Mir jedenfalls.

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  9. @Marc
    Danke erstmal für den Sonderpreis, hat bereits einen Ehrenplatz in meinem virtuellen Trophäenregal :D

    Und das Zitat Stammt meines Wissens auch von Schmidt, ohne das jetzt mit Quellen belegen zu können.

    @all
    Warum bloggen so viele Mediziner anonym?
    Einmal die Schweigepflicht – sobald man Konkrete Ereignisse berichtet, an denen Patienten beteiligt sind, ist man es diesen in meinen Augen schuldig, das sie komplett anonym bleiben, was meiner Meinung nach am besten gelingt, wenn keine verwertbaren Informationen über Name, Geschlecht, aber auch den Ort der Behandlung preisgegeben werden, der Ort wäre im Zweifelsfall über den Klarnamen des Bloggers herauszufinden. Man minimiert die Chancen, das einem an den Karren ge…fahren wird. Also sowohl selbst- als auch Patientenschutz.

    Desweiteren erlaubt einem auch nur die Anonymität Berichte von der von Marc erwähnten „Hinterbühne“.
    Wer wäre schon so verrückt, unter seinem Klarnamen über die Psychopathologien des Chefs oder seiner Kollegen zu berichten? Mal ganz davon abgesehen, daß man mit seinen Berichten auch durchaus mal in den Schlagzeilen einer großen deutschen Boulevardzeitung landen könnte: Sicher nicht Karrierefördernd.

    Was Günther Schütte (http://landarzt.wordpress.com) sagt, ist sicher richtig – in meinen Augen aber auch nur eine Seite der Medallie und sicher auch abhängig davon was und vor allem für wen man bloggt.

    Da es sich bei meinem Blog hauptsächlich um persönliche Psychohygiene handelt, werde ich auch weiterhin anonym bleiben – auch auf Kosten meiner Glaubwürdigkeit.

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  10. Ich denke, Hypnosekröte, Elmar, Fr. Armand, Michael und die anderen haben die Gründe für das anonyme bloggen von Ärzten ganz gut dargestellt. Kein Patient sollte sich ohne weiteres in den Geschichten widerfinden. Andererseits ist es glaube ich für Ärzte und andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen wichtig, ihre Erlebnisse zu verarbeiten, auch mal Frust ausdrücken zu können oder Verhältnisse zu kritisieren. Einen realen Einblick geben zu wollen, liegt vielen am Herzen, denn nur so kann auch den Patienten klar gemacht werden, dass unser Gesundheitswesen nicht gesund ist. Die letzten beiden Dinge sind oft schwierig, weil der eigene Arbeitsplatz dann wackelt. In diesen Fällen ist das anonyme Bloggen der einzig machbare Weg.

    Für jemanden, der medizinische Informationen zur Verwendung durch Laien postet, ist meiner Ansicht nach das bloggen unter dem richtigen Namen eher angebracht, wie Herr Schütte es favorisiert.

    Was kommerzielle Blogs angeht: von Pharmaherstellern gesponsorte Ärzteblogs fände ich verwerflich. Von Verlagen gesponsorte Austauschstudentenblogs nicht, das liegt im Rahmen der journalistischen Arbeit.

    Es gibt übrigens noch mehr Blogs von Ärzten:
    http://www.zahnblog.de/

    oder

    http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/blogs/markusfritz/

    oder

    http://www.thieme.de/viamedici/spanienblog/?newsid=030-10012008

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  11. Hier war ein Beitrag mit einer Menge Links zu Ärzteblogs. Dieser ist offensichtlich gelöscht worden. Komisch.

    Mit Ignoranz kommt man dann zu dem Schluß dass Ärzte nicht bloggen.
    Dies ist eines Boges nicht würdig.

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  12. @alle:

    Zunächst ein kurzer Dank an alle Kommentatoren und die interessanten Argumente, die die verschiedenen Aspekte (und Motive) des ärztlichen Bloggens beleuchten. Und danke auch für die weiteren Links.

    @Leser:

    Wie Sie genau wissen, gab es niemals einen Kommentar, der gelöscht worden wäre. Es gab vergangene Nacht einen Kommentar eines Users, dessen Name „egal“ war und dort waren ohne weitere Ausführungen ca. 10 Blogs aufgelistet und verlinkt.

    Da eine solch hohe Linkzahl ungewöhnlich ist und auf Spam hindeutet, wurde dieser Kommentar automatisch in die Warteschleife geschickt. Heute vormittag habe ich mir diesen seltsamen Kommentar angesehen und festgestellt, daß alle Blogs von derselben Person betrieben werden, alle gerade wenige Wochen alt sind und zwischen einem und vielleicht fünf oder sechs Blogposts aufweisen.

    Ich habe diesen Kommentar deswegen (weil ich die Sache etwas obskur fand) nicht freigeschaltet. Gelöscht wurde nichts. Ich sehe mich aber auch jetzt nicht in der Lage diese Comments freizugeben, denn hier in der Werkstatt gilt die gute Sitte, daß sich die Kommentatoren mit einem (mehr oder minder) identifizierbaren Namen zu erkennen geben und auch eine (nur mir ersichtliche) Mailadresse angeben.

    Es halten sich 99% aller Kommentatoren an diese Spielregeln (mehr dazu auch bei meinen Kommentarregeln) – und auch ihrer neuerlicher Kommentar genügt im Grunde diesen Anforderungen (Name + Mailadresse) nicht.

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  13. @skhor:

    Strenggenommen kommt man an der Impressumspflicht kaum herum. Allerdings sollte (wenn man keine strafrechtlich relevanten Inhalte verbreitet) kaum jemand daran Anstoß nehmen, wenn man kein Impressum bzw. nur eine „schlanke“ Betreiberinfo bereitstellt.

    Mehr Informationen dazu gibt es übrigens in diesem Werkstattartikel.

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  14. Auch ich blogge anonym. Ich habe sogar anonym ein Buch herausgegeben. Warum die Anonymität?

    Nein, nicht um ungestört über Patienten herziehen zu können!

    Ursprünglich war es die Angst um den Job, die Angst vor dem Chef und vor allem vor der Krankenhausverwaltung. Vor allem bei der Verwaltung kann man ja nicht unbedingt Sympathie erwarten. Vor allem geht es aber darum, dass sich Patienten nicht erkannt zu glauben meinen… Mein Wohn- und Arbeitsort ist ein Kaff, in welchem jeder jeden kennt…

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  15. Ausgelöst am 25. August durch jurabilis.de war dieser Beitrag hier von wissenswerkstatt.net für mich Anlaß, einen Webkatalog mit Adressen und Beschreibungen zu Blogs von Medizinern und Behandlern zu schaffen.

    Einerseits finden Besucher Blogs über die alphabetisch sortierten Fachgebiete, wie sie in Deutschland, Österreich und Schweiz formuliert wurden.

    Andererseits bietet die Suchfunktion Zugriff auf die Blogbeschreibungen, die mit 10.240 Zeichen sehr ausführlich sein dürfen. Jeder Eintrag kann bewertet und kommentiert werden. In dieser Beziehung ist das „Open Link Directory“ einzigartig und ein echter Glücksgriff für diesen Zweck.

    Da Ärzte, Apotheker und Therapeuten keine Ingenieure sind, die Internetseiten suchmaschinengerecht aufbereiten, werden die meisten NICHT über Suchmaschinen gefunden.

    Der Katalog verfügt über sprechende Adressen. Beispiel: medblogs.de/dir/180/Allgemeinmedizin . Die generischen Begriffe der Domainnamen sind in Google ebenfalls gut vertreten: arztblog.de docblog.de und medblog.de .

    Webstandards nach XHTML 1.0 Strict und ein spartanisches Design sind ein guter Start. Sollte sich das Projekt in irgendeiner Weise entwickeln, die mehr Ressourcen erfordert, dann werden auch die entsprechenden Informatiker zur Stelle sein, die die vorhandenen Daten in eine skalierbare Anwendung übertragen können. Meine Stärken liegen im Schreiben.

    „Quick and dirty“ war schon immer ein sinnvoller Weg, um nicht an irgendwelchen schöngeistigen Theorien zu ersticken, sondern brauchbare Ergebnisse zu erzielen.

    Hans Kolpak
    medblogs.de

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  16. Nachtrag:
    Soeben trug medizinycus seinen Blog ein. Vielen Dank dafür!

    Da für mich leicht zu erkennen ist, daß er anonym bleiben möchte, setze ich als E-Mail-Adresse eine eigene ein, damit der Eintrag freigeschaltet werden kann. Ein Pseudonym bleibt in jedem Fall verdeckt.

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  17. Kein Ärzteblog, aber für bloggende Ärzte sicher interessant: Am kommenden Samstag findet das medizin2null Symposium in Berlin statt. Über Chancen, Risiken und neue Anforderungen für Ärzte und Mediziner im Web 2.0 soll einen Tag lang geredet werden. Und dass es da genug Redebedarf gibt und gäbe, zeigt ja auch dieser Artikel hier.

    (Ist eher als Terminhinweis als als Marketingsache gemeint – wenn es aber nicht gefällt, werter Webmaster, einfach löschen)

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  18. Hallo,
    wir suchen noch Ärzte oder andere Fachleute aus dem Bereich Medizin für unseren Blog (Krankenversicherung.net/blog) die vielleicht keine Zeit haben um einen eigenen Blog zu betreuen aber dennoch gerne sich anderen Menschen mitteilen würden. Wer Interesse hat, schreibt mir einfach.
    Viele Grüße
    Gregor

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  19. Im deutschsprachigen Raum gibt es inzwischen etliche Blogs von Ärzten; so rar wie behauptet sind sie meiner Meinung nicht. Bei den Ärzten ist allerdings in der Schweiz tatsächlich wenig los. Kenne dort tatsächlich nur zwei, nämlich den Kollegen Laffer und mich. Wenn sich das inzwischen geändert hat, bitte ich um Tips.

    Jeder bloggende Arzt steht allerdings zu Beginn vor einem Problem: Will er die wirklich spannenden Geschichten erzählen, das sind die mit den Patienten, geht das nur anonym. Die Gründe wurden hier schon mehrfach ausgeführt.

    Ich selbst habe mich dafür entschieden so zu bloggen, dass Anonymität nicht unbedingt nötig ist, finde es aber auch angenehm, dass mein Blog in meinem näheren Umfeld nicht mit mir in Verbindung gebracht wird. Sollte es irgendwann mal anders sein, ist das auch kein Drama.

    Die Aussage, dass Anonymität die Vertrauenswürdigkeit eines Blogs schmälere, ist aus meiner Sicht falsch. Viele Wissenschaftliche Artikel haben Autoren, mit denen ich absolut nichts verbinden kann, sie sind also quasi-anonym. Vertrauenswürdig werden Blogs, wenn man ihre Sorgfalt beim Umgang mit Informationen nachvollziehen kann und wenn ihr Inhalt der Überprüfung standhält. Der Landarzt-Blog des Kollegen Schütte ist dafür das beste Beispiel. Er gibt die Quellen an und schreibt nicht einfach drauf los, sondern recherchiert vorher. Diese Annahme hat nichts damit zu tun, dass ich seinen Namen und sein Foto kenne, sondern damit, dass ich das überprüft habe.

    Ein anderes Beispiel ist der Blog Sationäre Aufnahme, der anonym sicherlich mit die bestrecherchierten Hintergründe zur Pharmakritik liefert (oder lieferte, derzeit hat er wohl Pause).

    Im Gegenzug gibt es nicht-anonyme Blogs oder Websites mit grossen Namen, in denen regelmässig und überprüfbar Quatsch steht (Spiegel-Online, Focus-Online, die Website der KBV u.v.a.m.). Auch bei personalisierten Blogs, die aus dubiosen finanziellen Quellen gespeist werden, nützt das Fehlen der Anonymität hinsichtlich der Seriösität oft wenig.

    Aus meiner Sicht ist etwas anderes viel wichtiger. Dass nämlich niemand, das was er irgendwo im Internet liest, für bare Münze nimmt. Sondern, dass man die Dinge, die einen interessieren, aus anderen Quellen gegenliest. Es braucht eine gewisse Kompetenz auf Seiten des Lesers. Das war übrigens auch schon vor dem Internet so.

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  20. Es gibt doch mittlerweile auch Bücher von Psychologen, die die Geschichten Ihrer Patienten preisgeben, wieso sollte es dann nicht auch Ärtze geben können, die dies in einem Blog tun!

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