Auf zum letzten Gefecht » Die „Nationale Initiative Printmedien“ ruft zum medialen Endkampf | kurz&knapp 31

ZeitungDie Tatsache, daß sich die Mediennutzungsgewohnheiten verändert haben und auch weiter verändern werden, ist unbestritten. Und zum Verhältnis zwischen Print- und Onlinemedien ist in den letzten Monaten viel und heiß (und manchmal ermüdend) diskutiert worden.

Dabei wurde einmal mehr deutlich, daß sich der klassische Redaktionsjournalist, der seine Texte am liebsten auf handgeschöpftem Büttenpapier gedruckt sähe, sich nur schwer damit anfreunden kann, daß seine Leser mitunter das Zeitungsabo kündigen und sich fortan über Onlinemedien informieren.

Und die Tatsache, daß diese ominöse Web2.0-Sache auch was mit diesem Prestigeverlust der Printmedien zu tun haben könnte, führt dann oftmals zu kindisch trotzigen Reaktionen. Bedauerlich, wenn man offenbar nur in Kategorien des Entweder-Oder denken kann. Entweder wir Zeitungsjournalisten „oder“ die Blogger?

Man sollte diesen phantasielosen Gestalten den Text von Jan Schmidt empfehlen. Er stellt u.a. klar:

„Statt als direkte Konkurrenz lassen sich Weblogs also eher komplementär zum Journalismus begreifen, denn sie ermöglichen Anschlußkommunikation, die massenmediale Botschaften in kleinere soziale Netzwerke trägt und dort weiter verbreitet.“

Aber vermutlich kommt Jans Essay zu spät. Vorgestern wurde in Berlin von Kulturstaatsminister Neumann offiziell die „Nationale Initiative Printmedien“ ausgerufen. Ist das, wenn man sich allein diesen unsäglichen Titel dieser „Initiative“ ansieht, anderes als der Aufruf zum Aufmarsch der letzten Gerechten? Dem Printjournalismus geht es ja dreckiger als ich dachte.

Bei der Wortwahl von allen guten Geistern verlassen? „Nationale Initiative Printmedien“? Ist das anderes als der verzweifelte Aufruf zum Endkampf um die mediale Vormacht?

„Nationale Initiative…“?! Gruselig! Wie in Fraktur gemeißelt. Die Wortwahl ist unterirdisch. Ich mag ja papierne Zeitungen, aber diese Aufforderung zum Gefecht, zum Endkampf über die mediale Lufthoheit, ist jämmerlich.

Ist es bereits so schlecht um die Jungs bestellt, daß sie in den Redaktionsstuben das Sturmgewehr und den Kampfanzug bereitgelegt haben?

Ähnlich sehen es andere Kommentatoren. So etwa Christian Jakubetz:

„Wenn es jetzt schon eine “Nationale Initiative Printmedien” gibt, die in irgendwelchen Ministerien angesiedelt ist, dann wirkt das ein wenig so wie die damalige etwas verspätete Einsicht der Titanic, dass es möglicherweise doch kein Fehler wäre, allmählich SOS zu senden.“

Oder auch – unbedingt lesenswert – die polemisch-pointierte Reaktion von Klaus Jarchow:

„Die vereinigte Verlegerschaft nebst angeschlossenen Journalistenverbänden wirft Blendgranaten und Nebelbomben, um von der eigenen Misere abzulenken. Was aus dieser famosen ‘Nationalen Initiative Printmedien’ im günstigsten Fall eine gigantische Geldverschwendungsmaschinerie macht, wo mal wieder Reden geschwungen und Grußwörter ausgetauscht werden können. Denn sie stellt sich selbst eine untaugliche Diagnose über die Ursachen des Zeitungssterbens, und muss deshalb zwangsläufig in Quacksalberei enden. Nicht die Jugend ist das Problem – unsere Zeitungen sind das Problem!“

Mit solch obskur, verzweifelten „Initiativen“ wird man jedenfalls den Trend hin zu Onlinemedien kaum aufhalten können. Und der Aderlaß, der dem hiesigen Printbereich bevorsteht, dürfte mindestens genauso schwerwiegend sein, wie in den USA.

Wie die medienlese heute berichtet, hat eine Befragung der „American Society of Newspaper Editors“ einen Rückgang von 2.400 Stellen im Zeitungsjournalismus ergeben. Damit waren 2007 fast 5% weniger Journalisten beschäftigt als im Vorjahr. Vielleicht doch verständlich, daß die deutschen Holzmedien das Ende ihrer Tage gekommen sehen?



4 Gedanken zu „Auf zum letzten Gefecht » Die „Nationale Initiative Printmedien“ ruft zum medialen Endkampf | kurz&knapp 31“

  1. Ehrlich gesagt verstehe ich gar nicht was Du dagegen hast.

    Ich weiß nichts über diese Initiative, aber es ist m.E. durchaus vorstellbar, dass sich da mal jemand hinsetzt und sich überlegt, wie die Zukunft des Printjournalismus in Zeiten des Internet aussehen soll.

    In Anbetracht der Tatsache, dass die Printmedien ja nun mal tatsächlich in so einer Art Auflagen-, Sinn- und Vertrauenskrise stecken, halte ich die Einrichtung deswegen für grundsätzlich begrüßenswert, zumindest solang es sich nicht um eine reine Gegenseitig-schulterklopfen-mit-blogbashing-Runde handelt.

    Aber das müsstest Du schon zumindest ansatzweise glaubhaft machen. A priori voraussetzen kann man das m.E. nicht.

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  2. @Fischer:

    Meinem kurzen Zwischenruf fehlen zugegebenerweise einige Erläuterungen, weshalb ich im Einzelnen die „Initiative“ für unglücklich bis befremdlich halte. Ich hoffe allerdings, daß aus vielen früheren Blogartikeln hervorgegangen ist, daß ich selbst ein großer Freund von gedruckten (!) Tageszeitungen bin.

    Dennoch halte ich die Initiative für kritikwürdig. Denn zur Zielsetzung lese ich etwa in der Pressemitteilung:

    „Wer sich ver­lässlich und vielseitig über die wesentlichen politischen und gesellschaftlichen Debatten in­formieren und an der öffentlichen Kommunikation teilhaben möchte, bleibt auf das gedruckte Wort angewiesen. Trotz zunehmender Konkurrenz in elektronischer Form bleiben Zeitungen und Zeitschriften auch künftig politische Leitmedien.“

    So wird Neumann wiedergegeben und man kann wohl diese Sätze als Programm nehmen. Und hier sehe ich zwei grundlegende Fehleinschätzungen:

    1. Die Behauptung, daß die Teilhabe an „öffentlicher Kommunikation“ ausschließlich an das „gedruckte Wort“ gebunden sei. – Hier kann ich nur resigniert feststellen, daß lobbyistische Scheuklappen offenbar das nüchterne Denkvermögen benebeln. Denn warum müssen denn Informationen und Nachrichten unbedingt auf Papier gedruckt sein, um als „wertvoll“ und „debattentauglich“ zu gelten? Sind die denn alle irgendwann im mittleren 20. Jahrhundert stehen geblieben?

    2. Die (in meinen Augen) trotzige Behauptung, daß gedruckte Zeitungen „auch künftig politische Leitmedien“ bleiben werden. – Wenn sich der Herr Minister dessen so sicher ist, wozu bedarf es dann dieser Initiative?

    Was mich aber eben stört: hier wird immer noch (und mehr denn je?) eine Konkurrenz zwischen Print- und Onlinejournalismus behauptet, die ich für vollkommen idiotisch halte. Genauso wie es Jan Schmidt im oben verlinkten Text für das Verhältnis von Blogs vs. Journalismus erläutert, verhält es sich m.E. nach auch bei Print und Online. Es ist ein Komplementär- und kein (!) Konkurrenzverhältnis.

    Anstatt hier die Kluft zwischen Print und Online zu vertiefen, würde ich mir mehr Engagement wünschen, um a) den Stellenwert journalistischer Arbeit (egal in welchem Medium) zu stärken, b) die Medienkompetenz von Schülern und Jugendlichen ganz allgemein zu fördern. Die Initiative will den Schülern den Wert von gedruckten Tageszeitungen vermitteln – so ein Schmarrn.

    Die sollen denen vermitteln, daß es Angebote unterschiedlicher journalistischer Qualität gibt. Daß Journalismus insgesamt eine wichtige Sache ist. Wer sich aber auf den Standpunkt stellt, Online ist minderwertig, Print ist wertvoll, der hat sie doch nicht mehr alle.

    Und noch ein letzter Kritikpunkt, den ich oben im Text ja schon ausgeführt habe – dieser Name: „Nationale Initiative Printmedien“. Uhhhh! Diese Wortwahl weckt zumindest bei mir ganz unangenehme Assoziationen. „Nationale Initiative…“ Ich finde es vollkommen mißlungen. Ich sehe da (tut mir leid) im Geiste schon die Redakteure aufmarschieren. :-(

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