Gedanken zur Zukunft wissenschaftlicher Blogs ::: Bemerkenswerte Blog-Geburtstage ::: Querverweise | Werkstatt-Ticker 38

Ticker.jpg» Potentiale wissenschaftlicher Blogs

Wer einen Blick in die USA und die dortige Wissenschaftsblogszene riskiert, der stellt fest, daß es dort nicht nur (fast) selbstverständlich ist, daß Wissenschaftler bloggen, sondern auch die Akzeptanz beim Publikum deutlich höher ist als hierzulande.

Blogger wie P.Z. Myers (Pharyngula) sind absolute Stars der Szene und generieren monatlich hunderttausende Klicks. Von solchen Werten sind wir weit entfernt und vielleicht ist es auch gut so, daß Wissenschaftsblogs in Deutschland bislang ein Nischenphänomen darstellen.1 Doch wie sieht die Zukunft von Wissenschaftsblogs in Deutschland aus? Gibt es diese überhaupt?

Innerhalb eines Gastbeitrags2 im Blog „Kooptech“ von Christiane Schulzki-Haddouti habe ich einige Gedanken zur „Zukunft von wissenschaftlichen Blogs“ skizziert. Und ich bin dort auch der Frage nachgegangen, ob eine „Professionalisierung“ wissenschaftlicher Blogs denkbar ist.

Ich stelle mir die Frage, ob Wissenschaftsblogs weiterhin „Zufalls- und Gelegenheitsprodukte“ bleiben werden, ob es überhaupt ein Publikum gibt und wer überhaupt bloggen soll und kann. Und schließlich versuche ich zu erklären, weshalb die Orientierung an den „PageImpressions“ sinnlos und destruktiv ist.

» Glückwünsche

Wenn ich hier in der Wissenswerkstatt darüber schreibe, daß wissenschaftliche Blogs eine spannende Erweiterung der konventionellen Formen der Wissenschaftskommunikation sind, so habe ich dafür natürlich viele Beispiele im Hinterkopf. Denn es gibt sie da draußen: die Wissenschaftsblogs, die prototypisch illustrieren, was alles bloggenderweise kommuniziert werden kann – und sie zeigen, daß dies mit einem Mehrwert für Blogger und Leser verbunden ist.

Zwei Blogs, die hier besonders hervorstechen sind einmal die „Begrenzte Wissenschaft“ und dann der „Quanti|Soz|Blog„. Der thematische Zuschnitt ist recht unterschiedlich – kein Wunder, denn der eine Blogautor ist Physiker, der andere Soziologe. Aber beiden gemein ist, daß sie vor wenigen Tagen ihren ersten Bloggeburtstag feiern konnten.

Bernd Weiß vom Quanti|Soz|Blog ist ziemlich selbstkritisch und zählt u.a. einige „Unzulänglichkeiten“ von (wissenschaftlichen) Blogs auf – aber schließlich endet er versöhnlich:

„…lautet das Fazit nach diesem einen Jahr: Hat Spaß gemacht und es geht weiter.“

Und kamenin erklärt nach einem Jahr „Begrenzte Wissenschaft“:

„Ich hatte hier ein Jahr lang mehr Spaß als eigentlich geplant war.“

Wenn das keine Gründe sind, es den beiden gleich zu tun? Nachahmer gesucht – und von dieser Stelle herzliche Glückwünsche an die beiden Geburtstagskinder! :-)

» Querverweise, Leseempfehlungen

Aufmerksame Leser der Werkstatt haben inzwischen registriert, daß ich häufiger auch im „Neurons-Blog“ bei den Scienceblogs aktiv sind. Dort sind also auch regelmäßig Notizen aus meiner Feder zu finden – meine Partnerin dort ist Beatrice Lugger, die ja für die Inhalte des Scienceblogs-Portals insgesamt verantwortlich zeichnet.

Man findet dort also sicherlich lesenswerte Blogartikel und den RSS-Feed kann man natürlich auch gerne abonnieren. Zuletzt habe ich dort über den „Nationalen Krebsplan“ der Bundesregierung geschrieben:

Hier stellt sich Frage, ob Vorsorge nicht nur „vorverlegte“ Sorge ist…

Wie überhaupt man sich im jahr 2008 fragen darf, weshalb man erst heute wieder seitens der Bundesregierung zu so einer Kraftanstrengung aufrufen muß. Wie kann es sein, daß in Deutschland das medizinische System in Sachen Krebsdiagnose und Therapie teilweise unkoordiniert vor sich hinwurstelt, während andere Länder uns hinsichtlich der Therapieerfolge den Rang ablaufen?

Und dann habe ich auch noch auf den „dicken“ Gabriel geschimpft. Unseren Bundesumweltminister. Dies im Zusammenhang mit Teil II des Klimapakets:

Doch ist der dicke Gabriel wirklich der ruhmreiche Held, der die Republik mit einem Maßnahmenpaket für mehr Energieeffizienz beglückt und gleichzeitig dem Ziel näherbringt, den CO2-Ausstoß bis 2020 um rund 40% Prozent (im Vergleich zu 1990) zu senken? Oder hat er sich von den Verhandlungspartnern einlullen lassen?



  1. So läßt sich vermutlich deutlich entspannter „ausprobieren“, was wissenschaftliches Bloggen bedeutet, wenn man nicht sofort mit dutzenden Kommentaren rechnen muß… []
  2. Christiane hat kürzlich eine Serie gestartet, in der sie einige Gastblogger um Beiträge zum Thema zielgruppenspezifische Werbung in Online-Medien gebeten hat. []

7 Gedanken zu „Gedanken zur Zukunft wissenschaftlicher Blogs ::: Bemerkenswerte Blog-Geburtstage ::: Querverweise | Werkstatt-Ticker 38“

  1. Ich werfe nur mal den Begriff Populär-Wissenschaft in den Raum. Hierzulande wird Wissenschaft, die einem breiten Publikum interessant gemacht wird oder werden soll, häufig auf im pejorativen Sinne populärwissenschaftlichen Niveau verhandelt und verliert damit an Reiz für die Wissenschaftler und an Gehalt für das Publikum. Selbst wenn es auf hohem Niveau gelingt, so verursacht doch die Verbindung Wissenschaft-„breite Masse“ immer noch regelmäßig ein „Gschmäckle“ oder hochgezogene Augenbrauen auf Seiten der Akademiker. Ohne das verifizieren zu können, scheint mir dieses Verhältnis zB in den USA wesentlich lockerer. Offenbar überträgt sich dies auch auf die „Blogosphäre“. Interessant wäre dabei zu schauen, ob, wo und wie häufig bloggende Wissenschaftler zum Beispiel auf nichtwissenschaftlichen Blogs kommentieren.

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  2. Vielen Dank für die freundlichen Worte und Glückwünsche.

    Als eine der ersten Maßnahmen haben ich das Quanti|Soz|Blog in Zahlen|Gesellschaft umgetauft und ein neues Design implementiert.

    Warum sind denn die “Unzulänglichkeiten” in Anführungsstrichen? Sind das etwa gar keine? Sollte ich mich geirrt haben :-)?

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  3. @Zettelklotz:

    Dein Einwand ist vollkommen berechtigt und ist m.E. sicher ein wichtiger Faktor. Das Internet und v.a. die Blogwelt wird immer noch mit gewissen Vorbehalten wahrgenommen. Bestenfalls trivial, schlimmstenfalls pornographisch-rechtswidrig – so nicht selten die Vorurteile, die man in gewissen Milieus antrifft.

    Und so fürchten manche Wissenschaftler die Betätigung in Blogs, aus Furcht sich zu diskreditieren. Und sie sehen (bislang?) nicht, daß die Zeitinvestition in ein Weblog lohnend sein könnte…

    @Bernd:

    Ja, dein neues Blogdesign gefällt mir. Und die Zahlen|Gesellschaft hatte ich auch irgendwie registriert, war aber in der Eile nicht mehr dazu gekommen, darauf hinzuweisen.

    Und die „Unzulänglichkeiten“ – manche der Punkte teile ich, andere nicht. Aber es war wohl eher Zufall, daß ich die Anführungszeichen gesetzt habe.

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  4. Ich betreibe keine wissenschaftlichen Blogs, doch manchmal greife ich solche Themen auf: Geschichte, Vegetation, Geografie, Archäologie u.a.. Was mir auffällt: Sobald man eingetretene Pfade verlässt, betritt man Neuland. Das zeigt die Stichwortsuche bei Google. Eigene Beiträge bleiben trotz marginaler Leserzahl lange an erster Stelle.
    Ein Beispiel beobachte ich dabei längere Zeit. Es sind zum Teil erstveröffentlichte Fotos von der Ostfront des 1. Weltkrieges. Seit drei Jahren hat kein deutscher Historiker daran Interesse gezeigt. Nur aus dem Ausland kamen Nachfragen (lokaler Bezug). Bin gespannt, ob es da noch Änderungen gibt.

    Phantasielosigkeit ist oft ein großes Hindernis, Wissenschaft zu bloggen. Eine bald ausgebildete Archäologin in den USA, Berkeley, hat ein Video gedreht wie Wissenschaftler bei einer Ausgrabung die Farben eines Fundes beschreiben. Es gibt deutliche Unterschiede, aber es ist ein hervorragendes Beispiel, wissenschaftliche Methoden und Kenntnisgewinn kritisch zu hinterfragen. Besonders wenn man den Respekt von Studenten vor Akademiegrößen berücksichtigt.

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