Sorgenkind I: Food-Safety ::: Sorgenkind II: Ärzte-Fortbildungen ::: Sorgenkind III: Ende für Trasylol | Werkstatt-Ticker 27

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» Lebensmittelüberwachung auf dem Weg ins 21. Jahrhundert

Wenn hierzulande mal wieder in irgendeiner Lagerhalle einige Tonnen sog. „Gammelfleisch“ aufgestöbert werden, dann sind das zumeist Zufallsfunde. Denn – entgegen allen Beteuerungen die Lebensmittelsicherheit habe allerhöchste Priorität – sind die Institutionen zur Lebensmittelüberwachung schon allein personell hoffnungslos unterfinanziert. Egal ob es um die Anzahl der Veterinäre, der Lebensmittelchemiker oder um die Ressourcen zur Durchführung von Proben geht: es stehen viel zu wenig Mittel zur Verfügung, um den schwarzen Schafen der Lebensmittelbranche auf die Schliche zu kommen.

Gleichzeitig gibt es natürlich auch Lebensmittelrisken und Verunreinigungen, die nicht auf kriminelle Energie zurückzuführen sind. Wie man nun lesen kann, ist es aber auch in den USA kaum anders. Ein informativer Bericht zur „Food Safety“ fordert, endlich den Konsumentenschutz ernstzunehmen:

„Our goal should be reducing the number of Americans who get sick from foodborne illness. But we can’t adequately protect people from contaminated foods if we continue to use 100 year-old practices.“

» Selbstlosigkeit der Pharmaindustrie?

Neben Kritik an der fortschreitenden Rationierung im Gesundheitssystem (Stichwort: Zwei-Klassen-Medizin) waren die letzten Tage vom Deutschen Ärztetag in Ulm wiederholt Klagen über die miserable Entlohnung der ärztlichen Leistungen zu hören. Ich bin der Meinung, daß hier auf sehr hohem Niveau gejammert wird und frage mich, weshalb andere Themen beim Ärztetag offensichtlich keine Rolle spielen. Denn wie wäre es mit der Frage nach der höchst fragwürdigen Rolle der Pharmaindustrie bei den ärztlichen Fortbildungen?

Für Workshops, Kongresse und immer mehr Online-Fortbildungen gibt die Pharmaindustrie jährlich 2 Mrd. Euro aus! Wohlgemerkt beharren die Pharmafirmen darauf, daß diese Angebote ausschließlich medizinisch motiviert seien und die Ärzte mit den neuesten Therapien und Methoden vertraut machen sollen – Produktbotschaften, gar noch für die eigenen Medikamente, liegt den Firmen natürlich fern.

Zur traurigen Realität und Intransparenz des ärztlichen Fortbildungswesen, war hier etwas zu lesen:

» Trasylol: Ende eines Hoffnungsträgers

Das Bayer-Präparat „Trasylol“ stand schon seit einigen Monaten in den Schlagzeilen. Nun hat Bayer angekündigt, die Trasylol-Vorräte von Kliniken und Apotheken zurückzunehmen, was nach der vorläufigen Marktrücknahme nun wohl das endgültige Ende des Medikaments bedeutet.

Der Hintergrund: Trasylol mit dem Wirkstoff Aprotinin ist ein Antifibrinolytikum. Dient also als Blutungsstiller und wird demzufolge zur Vermeidung von schweren Blutungen bei Operationen eingesetzt. Nun war bei einer großen Vergleichsstudie (BART)1 entdeckt worden, daß „Trasylol“ zwar genau seinen Zweck erfüllt – es senkt die Wahrscheinlichkeit von Blutungskomplikationen bei Herz-OPs am effektivsten. Aber: die Mortalitätsrate der Patienten steigt ebenfalls überdurchschnittlich.

Das interessante: der angestrebte Haupteffekt wird durch Trasylol erreicht, allerdings führt ein Nebeneffekt, der lange Zeit unbeachtet blieb zur Marktrücknahme. Und niemand weiß warum. Oder wie das Ärzteblatt notiert:

„Eine Erklärung für dieses Paradox (höhere Sterblichkeit trotz weniger Blutungskomplikationen) fällt den Forschern noch immer schwer.“

  1. An der Studie „Blood Conservation using Antifibrinolytics in a Randomized Trial“ waren mehr als 100 kanadische Herzchirugen beteiligt. Es wurden ingesamt 3 Blutungsstiller (Antifibrinolytika) in einer randomisierten Vergleichsstudie getestet. []

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