Lobende Worte von den Kollegen » Das „Wissenschafts-Café“ ist Gesprächsthema | kurz&knapp 04

Ich habe neulich bereits auf Marshall McLuhans Redeweise vom "globalen Dorf" rekurriert, das – so die These des Mediensoziologen aus den 1960ern – uns die Kommunikationstechnologien angeblich bescheren. Zwar kann man1 trefflich darüber streiten, inwiefern hier ohnehin ein naiver, verklärender Euphemismus vorliegt, ob das skizzierte "global village" überhaupt wünschens- und erstrebenswert ist, die Tatsache aber, daß nunmehr2 Menschen in die Lage versetzt werden miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren, die vor der Erfindung des Internet keinerlei Notiz voneinander genommen hätten, ist kaum von der Hand zu weisen.

Daß Kommunikationsnetze dadurch nicht unbedingt und automatisch dichter, intimer, näher werden, ist freilich ebenso offensichtlich. Und die traurige Tatsache des "digital divide", daß nämlich die Zugangschancen zu den digitalen Kommunikationsmedien höchst ungleich verteilt sind, ist freilich ein weiterer Faktor, der McLuhans These unterminiert.

Die Optionen, die die Wissenschaftskommunikation im Internet bietet, sind bislang kaum angedacht, geschweige denn genutzt.

Wenn man freilich nur die Kommunikationsgepflogenheiten des Wissenschaftssystems betrachtet, so fallen manche Einschränkungen an obiger These weg. An Universitäten und Instituten ist der Internetzugang auf alle Fälle gewährleistet – und das "fabelhafte Internetz" bietet gerade für die Wissenschaftsszene neue, vielversprechende Möglichkeiten der Kommunikation. Und dies sowohl im internen Austausch, dem Diskurs der ’scientific community‘, als auch was den Bereich der Wissenschaftskommunikation angeht, also die Vermittlung und Aufbereitung wissenschaftlichen Wissens für die interessierte (Laien-)Öffentlichkeit. 

Das "Wissenschafts-Café" soll ja genau hier allen Suchenden einen leichteren Einstieg in die Wissenschafts-Blogszene bieten. Und ich freue mich natürlich, daß das Café bereits hier im Videocast der Kollegen von "Wisskomm" angesprochen wurde. Es ist schließlich immer schön, wenn man lobende Worte hört…

Ich erlaube mir deshalb, den aktuellen Wisskomm-Videocast3 direkt einzubinden und fordere daneben selbstverständlich auf, die Wisskomm-Website zu besuchen. Dort sind – neben den Videocasts – regelmäßig interessante Notizen nachzulesen…

  1. Wie in den Kommentaren zu meinem damaligen Beitrag Benedikt Köhler zutreffend anmerkte. []
  2. Vornehmlich durch die revolutionären Möglichkeiten des Internet []
  3. Der übrigens von nun an wöchentlich die wichtigsten Meldungen aus dem Bereich der Wissenschaftskommunikation versammmelt. Letzte Woche waren u.a. noch Anmerkungen zum Scienceblogs.de-Treffen, zu PLoS und dem geplanten Beschleunigerzentrum für die Ionenforschung (FAIR) mit dabei. []

3 Gedanken zu „Lobende Worte von den Kollegen » Das „Wissenschafts-Café“ ist Gesprächsthema | kurz&knapp 04“

  1. Das (oder der?) Videocast ist super. Genau die richtige Mischung von Nachrichten, die einen wirklich interessieren gepaart mit trockenem Humor. Und wieder ein Link für meine Lesezeichenliste. Wären sie nicht auch etwas für das wissenschaftscafé?

    Antworten
  2. Hmm, ich verstehe nicht, inwiefern eine digitale Spaltung McLuhans global village widersprechen sollte? Das globale Dorf ist schließlich kein Disneyland, sondern eine klaustrophobische Überwachungsgesellschaft. Diese These ist auf einer anderen Ebene angesiedelt als die Überlegungen zur digital divide.

    Antworten
  3. @Benedikt:

    Du hast einerseits vollkommen recht damit, daß ich oben auf diejenigen Aspekte des „global village“ Bezug genommen habe, wie sie im populären-feuilletonistischen Diskurs mit der Begrifflichkeit McLuhans häufig verknüpft werden. Hier wird die Rede vom „globalen Dorf“ meist gleichgesetzt mit der Ankunft einer tatsächlich schönen, neuen digitalen Welt, die Kultur- und Ländergrenzen überschreitet.

    Das alles freilich sowohl in Verkennung Huxleys, als auch der Tatsache, daß McLuhan selbst das Post-Gutenberg-Zeitalter recht ambivalent skizzierte: einerseits habe ich durchaus bei ihm Passagen gelesen, in denen er eine positive Utopie formuliert (eben Überwindung von Nationalismen, Emanzipation und neue Freiräume durch neue Techniken/Medien, neue ästhetische Artikulationsmöglichkeiten, leichterer Zugriff auf kulturelle Wissensarchive etc.), andererseits werden auch mögliche negative Effekte (Aufgabe von Individualität zugunsten einer kollektiven Identität, Elemente einer an Foucault erinnernden Kontrollgesellschaft…) thematisiert.

    Und wichtig ist zugegebenerweise, daß für McLuhan zweifellos das Medium Fernsehen (auch mit seiner suggestiven Kraft) bedeutender war, als es heute häufig vermutlich gesehen wird. Aber die revolutionäre Beschleunigung von Kommunikation (mit all ihren neuen Vernetzungsmöglichkeiten) war eben doch entscheidend für ihn – und wer jetzt (wenn wir allein das Medium Internet nehmen) davon abgeschottet ist (Stichwort: ‚digital divide‘), der ist auch von den positiven Chancen abgekoppelt. Freilich entgeht er somit auch manchen Gefahren (‚Überwachungsgesellschaft‘).

    Alles in allem: es stimmt, daß ich unscharf v.a. auf die eben ausschließlich positive Verwendung des Begriffs ‚global village‘ rekurriert habe. Und dafür muß man McLuhan doch deutlich mißverstehen. Das Argument des ‚digital divide‘ sehe ich aber doch (mit leichten Einschränkungen) am richtigen Platz. Denn für McLuhan war es doch ausgemacht, daß mit dem Eintritt ins elektronische Medienzeitalter „die gesamte menschliche Familie zu einem einzigen globalen Stamm verschmolzen wird“. Und das trifft dann eben doch nur mit Einschränkungen zu…

    Antworten

Schreibe einen Kommentar