Lotterie im Bio-Laden: Weshalb Bio-Produkte ein Ärgernis sind

Junges GemüseAm Ende ist es dann doch wieder eine Glaubensfrage. Oder eine des Geschmacks. Und der Weltanschauung. An der Frage, ob Bio-Lebensmittel automatisch gesünder sind, scheiden sich jedenfalls die Geister. Sicher ist, daß diese Frage so pauschal wohl ohnehin nicht zu beantworten ist. Und sicher ist auch, daß Bio-Produkte ein Problem haben. Denn in Tests fallen Bioprodukte regelmäßig durch. Nicht alle, aber immer wieder landen die teuren Produkte aus dem Bioladen weit hinter vielen konventionell erzeugten Lebensmitteln. Für den mündigen Verbraucher ist das wenig zufriedenstellend. Denn er kann sich kaum sicher sein, ob die Dinge in seinem Einkaufskorb wirklich die (hohen) Anforderungen erfüllen.

Ich gestehe: ich kaufe sehr selten im Bioladen ein (dabei ist so ein Laden mit dem netten Namen „Schmatz“ gleich bei mir um die Ecke). Und die Tatsache, daß ich dort nur sehr selten einkaufe, liegt nicht an den Broschüren der Heilpraktiker, Geistheiler und Schamanen, die dort ausliegen (manchmal amüsieren die mich, manchmal ärgere ich mich darüber). Der Grund ist ein anderer: ich weiß nicht, ob die Bioprodukte wirklich ihr Geld wert sind. Oder anders formuliert: mir ist zu unsicher, was ich da tatsächlich kaufe.

Ich weiß nicht, ob die Bioprodukte wirklich ihr Geld wert sind.

Dabei sind mir mir die allermeisten Grundsätze einer nachhaltig-ökologisch orientierten Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung sehr sympathisch.1 Ich halte weder Massentierhaltung für sinnvoll, noch exzessive Landwirtschaft, die auf riesige Monokulturen und den hemmungslosen Einsatz von Düngern setzt. Weniger wäre da in meinen Augen manchmal mehr. Und wieso ein Liter Milch im Supermarkt für 50 Cent zu haben sein muß, verstehe ich auch nicht. Ich würde (und könnte) gerne mehr bezahlen.

Ernüchternde Tests: Mangelhafte Qualität (mancher) Bioprodukte

Insofern gehöre ich wohl eindeutig zu dem Klientel, das typischerweise in Reformhäusern und Bioläden einkauft. Doch genau das mache ich nicht. Schuld daran ist (auch) die Stiftung Warentest. Denn in unzähligen Tests der letzten Jahre landeten die teuren Produkte aus dem Bioladen auf den hinteren Rängen.

Man kann fast darauf wetten: es gibt immer ein Bioprodukt, das bei Tests mit Pauken und Trompeten durchfällt.

Man kann schon fast darauf wetten, wenn wieder mal Olivenöle, Brotaufstriche oder Kaffeebohnen getestet werden: unter den 20 Produkten werden sicher ein oder zwei Bioprodukte mit Bravour abschneiden, aber mindestens ein Öko-Erzeugnis wird garantiert ein mangelhaftes Ergebnis bekommen. Und das Problem und irgendwie auch das Dilemma für die ganze Bio-Lebensmittel-Palette: erst die Tests trennen die biologisch-zertifizierte Spreu vom Weizen.

Beispiele gefällig? Im letzten Test der Olivenöle (April 2010) wurde ein Bio-Öl als Testsieger ausgezeichnet. Doch auf dem letzten Rang landet auch ein Olivenöl aus dem Bioladen – das „Baktat Olivenöl nativ extra“ bekommt die wenig schmeichelhafte Note 5,2. Das ist „mangelhaft“ und irgendwie typisch. Man zeige mir mal einen Speise-Öl-Test, in dem nicht ein teures Bioprodukt mindestens total ranzig oder mit Schimmelpilzgiften belastet war.

Das teilweise miserable Abschneiden von Bioprodukten bei Tests ist ernüchternd. Und es verunsichert.

Das selbe Bild bei Rapsölen. Der Test vom November 2009 zeigt: vorne irgendwo die günstigen Öle von Aldi, Lidl & Co. und hinten mit „mangelhaft“ die tollen Öle von Rapunzel, Alnatura etc.

Auch beim Test von Basmati-Reis (ganz aktuell von gestern) das bekannte Bild: von insgesamt sechs Bio-Produkten war nur eines (von Alnatura) pestizidfrei. Bei drei Bio-Reissorten fanden die Tester deutliche Rückstände. Ein Produkt fiel komplett durch:

„Bio-Vollkornreis Green waren so stark mit dem krebserregenden Schimmelpilzgift Aflatoxin B1 belastet, dass sie nicht hätten verkauft werden dürfen.“ (Zusammenfassung auf der Warentest-Website)

Das ist – für mich als Verbraucher – abschreckend. Denn wieso soll ich (wie oben schon angeführt) im Bioladen einkaufen, wenn ich dort dann Lotterie spielen darf? Es ist in vielen Fällen (jedenfalls ist das meine Beobachtung) meist eine Chance von 50:50, ob man nun ein tolles Bioprodukt kauft oder einen Artikel, der besser auf dem direkten Weg auf dem Komposthaufen entsorgt werden sollte.

Ich selbst kenne ehrlicherweise auch keine wirklich befriedigende Lösung. Aber wenn ich konventionelle Lebensmittel im Supermarkt kaufe, dann habe ich wenigstens das Gefühl, daß ich mit geringerer Wahrscheinlichkeit total verranzte oder mit Schimmelpilzen belastete Produkte kaufe. Sicher kann ich mir da natürlich auch nicht sein, wer führt schon immer ein mobiles Analytiklabor mit sich, um die relevanten Werte vor Ort zu erheben. ;-)

Bio-Mythos: Bio-Lebensmittel sind nicht gesünder

Letztlich bleibt es eben doch eine Vertrauens- und Geschmackssache. Und das Argument, daß Bioprodukte per se gesünder und „wertvoller“ seien, zieht nicht. Natürlich ziehe ich einen Apfel von der Streuobstwiese einem Plantagenapfel vom Großbauern vor, aber auch hier zeigen Studien: ökologisch erzeugte Lebensmittel sind nicht von Natur aus besser, als die konventionell erzeugten Waren. Das hat zuletzt auch eine groß angelegte britische Analyse ergeben:

An independent review commissioned by the Food Standards Agency (FSA) shows that there are no important differences in the nutrition content, or any additional health benefits, of organic food when compared with conventionally produced food.

Die Vorteile einer Öko-Landwirtschaft liegen meiner Meinung nach also weniger im direkten (gesundheitlichen) Vorteil für den Konsumenten. Ich wünschte mir aus anderen Gründen (Gewässerschutz, Biodiversität etc.) eine andere, kleinteiligere und ökologisch orientierte Landwirtschaft. Und im Zweifel sogar weniger strikte Vorgaben der einschlägigen Verbände, was bspw. Konservierungsmittel u.ä. angeht. Denn was hilft mir der Verzicht auf Pestizide, wenn später in der Verarbeitung geschlampert wird oder andere Umstände dazu führen, daß ich ein ranziges und sonstwie ungenießbares Lebensmittel auf dem Tisch habe.


Link:

  1. Lassen wir mal außen vor, daß ich manche der Vorschriften von Bioverbänden für überflüssigen Nonsense und Voodoo-Landwirtschaft halte. []

15 Gedanken zu „Lotterie im Bio-Laden: Weshalb Bio-Produkte ein Ärgernis sind“

  1. Bio-Lebensmittel müssen auch nicht gesünder sein. Natürlich sollten sie nicht in Tests durchfallen, aber das sollten andere Lebensmittel auch nicht. Bei Bio-Lebensmitteln ist es wie beim Ökostrom: Der Käufer entscheidet sich für eine (hoffentlich) bessere Behandlung des Planeten Erde und damit am Ende unseres Lebensraums.

    Natürlich gibt es auch dem Bio-System immanente Probleme: Es kann zum Beispiel durchaus vorkommen, dass Bio-Getreide von mehr Pilzen befallen ist als konventionell angebautes, eben weil keine oder nur spezielle Fungizide eingesetzt werden. Man kann sich aber auch fragen, ob wir uns als Menschen an die „sauberen“ Nahrungsmittel nicht schon zu sehr gewöhnt haben und ähnlichen den Sagrotan-Kindern einfach nichts mehr aushalten. Früher war alles Bio und ob die Leute daran gestorben sind weiß man nicht, denn da Antibiotika und moderne Medizin noch nicht existierten, sind sie vorher an weiß-der-Geier-was allem gestorben, bevor ihr unfreiwilliges Bio einen Effekt hatte.

    Insofern man sein Geschmacksempfinden noch nicht auf künstliche Aromastoffe wie in so gut wie allen Erdbeerjoghurts getrimmt hat, gilt doch am Ende immer noch: Ich ess nur was mir schmeckt. Und wenn Bio draufsteht und es nicht schmeckt, ist es für mich persönlich auch nicht gesund.

  2. Gut gebrüllt Löwe. Sehe ich ganz genau so!

    @DrNI Leider ist Bio auch nicht automatisch besser für den Planeten. Denn mit Kupfersulfat spritzen ist nicht besser als ein synthetisches, biologisch abbaubares Schädlingsbekämpfungsmittel, nur weil man das vor hundert Jahren auch so gemacht hat.

    Am Ende müsste man sich bei jedem Produkt genau informieren was das Label (und mehr ist es ja eigentlich nicht) „Bio“ hier genau bedeutet. Die Zeit hat wohl niemand.

    Mein Beitrag ist, dass ich viel am Wochenmarkt einkaufen, aber auch da frage ich nicht genau nach wo die Kartoffeln jetzt herkommen. Am Ende bleibt es bei der Lotterie. Ausser bei meinem Tomaten auf dem Balkon…

  3. @DrNI:

    Ich bin ja auch kein grundsätzlicher Gegner der Biolebensmittel, aber oben habe ich ja auch kurz dargestellt, daß für mich das Gesundheits-Argument (das ja oft bemüht wird) nicht zieht. Dafür gibt es möglicherweise andere Gründe, die für Bio sprechen, wobei man da sicher genauer hinschauen muß (vgl. Kommentar von olchemist).

    Zur Tatsache, daß (leider) immer wieder Bioprodukte bspw. mit Pilzgiften belastet sind: natürlich kann man darauf verweisen, daß sowas vor ein paar Generationen sowieso die Regel war und unsere Altvorderen das auch ganz gut überlebt haben. Aber der Vergleich hinkt: denn ganz ähnlich könnte man argumentieren, daß vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten die hygenischen Standards oder die Trinkwasserqualität auch sehr viel niedriger waren als heute (in den Industrieländern) – und doch entscheide ich mich eben doch für sauberes Wasser, Zentralheizung etc. Nur weil Lebensmittel früher bestimmte „Mängel“ gehabt haben, muß ich die heute nicht auch akzeptieren.

    @olchemist:

    Da sprichst Du ja gleich nochmal ein Problem an: es gibt jede Menge Verbände, Prüf- und Gütesiegel, so daß man das auch kaum überschauen kann, wer welche Standards und Anbaumethoden hat.

    Und dann ist es sicher auch richtig, daß Biolandwirtschaft für bestimmte Produkte durchaus taugen würde, um auch die gesamte Nachfrage zu decken. Bei anderen Produkten der Bioanbau mit seinen Methoden nüchtern betrachtet aber mehr schadet als nutzt.

  4. Lotterie im Bio-Laden mag ein Ärgernis sein, hat aber den unbestreitbaren Vorteil, dass mit diesen „biologisch“ hergestellten Lebensmittel nicht auch alle Äcker verseucht werden. Und bei unglaublich vielen konventionell hergestellten Lebensmitteln, kann man ganz sicher sein, dass die Gesundheit geschädigt wird. Immerhin ist diese Sicherheit doch auch beruhigend.

    Bei den (hoffentlich) neutralen Tests wird mit Freude auf Bio-Lebensmittel gezeigt, die vielleicht nicht einwandfrei sind, bei nicht-bio Lebensmitteln wundert man sich sowieso schon nicht mehr über ihre Bedenklichkeit.

    Also bitte mal die Kirche im Dorf lassen !

  5. Ich habe mir immer die Gedanken gemacht, wie bio sind die Bio-Produkte wirklich? Dieser Artikel hat meine Befürchtungen und Mutmaßungen bestätigt. Nun, ich bin jetzt umso mehr verwirrt. Und die Geschichte mit dem Vollkornreis, der die krebserregenden Schimmelpilzgift beunruhigt mich stark. Ich denke, dass man beim Einkaufen sich auf den eigenen gesunden Verstand einlassen und den Zutatenbestand auf der Packung überprüfen.

  6. Ich schliesse mich der Meinung an, dass BIO-Lebensmittel und Gesundheit zwei Paar Schuhe sind. Ich beziehe höchsten 10% meiner Einkäufe in BIO Läden oder im Supermarkt mit BIO Auszeichnung. Aber Geschmack und das „gute Gefühl“ das Richtige zu tun, sind mir einen Aufpreis wert.
    Es ist wie das Spielen von Kindern im sterilen Zimmer oder auf der dreckigen Wiese. Ist das sterile Zimmer besser, nur weil es weniger Infektionsgefahren bietet?

  7. Solange es keine eindeutige und verpflichtende EU-Kennzeichnungspflicht gibt, bleibt der Einkauf von wirklichen Bio-Produkten wirklich ein Lotteriespiel. Es sein denn, man kauft in einem „reinsrassigen“ Bio-Geschäft seines Vertrauens.

  8. Die Stiftung Warentest fasste Anfang diesen Jahres ihre Testergebnisse zu Bio-Lebensmitteln folgendermaßen zusammen:

    „Biolebensmittel bieten zwei Vorteile gegenüber herkömmlichen Lebensmitteln: Pestizide kommen in der Bioware nur selten vor. Außerdem können Käufer von Biolebensmitteln Unternehmen unterstützen, die soziale, ethische und ökologische Verantwortung übernehmen. Unsere Untersuchungen dazu zeigen, dass dabei auf die Biobranche Verlass ist. Hinweise darauf, dass Bioware gesünder oder schmackhafter ist als konventionelle, liefern die Testergebnisse allerdings nicht.“

    Irgendwie widerspricht sich das: Denn mit Sicherheit sind Pestizide nicht gesund…

    Ich muss zugeben, dass ich selbst selten im Bioladen einkaufe. Trotzdem habe ich es mir vorgenommen, dies in Zukunft öfter zu tun.

    Das Problem mit Schadstoffen in Biolebensmitteln: Die Lebensmittelkontrolle in Deutschland funktioniert leider nur sehr unbefriedigend.

    Es sollte ein verlässliches Biosiegel geben, die Produkte sollten unabhängig und regelmäßig kontrolliert werden. Die Anforderungen der unterschiedlichen Biosiegel sind leider sehr unterschiedlich und die staatlichen Anforderungen sind imo zu gering.

    Ich denke, dass wird sich ändern. Die Erzeuger von Biolebensmitteln stehen erst am Anfang, in ein paar Jahren wird sich hier die Spreu vom Weizen getrennt haben.

  9. Sehr schöner Bericht, aber die mangelnde Qualität vieler Bioprodukte wirkt sich leider nicht sehr positiv auf das Kaufverhalten aus.

  10. Bio – Produkte: Die Essenz einer gesunden und nachhaltigen Lebens. So wird geworben mit Bioprodukten. Wenn Bio dann richtig. Am besten geht das wenn man auf Selbstversorger macht : absolut rein Bio. :-)

  11. Wer dem Bioladen nicht traut, kann sich auch eine Biokiste bestellen. Ich finde, das ist eine gute Alternative. Meine kommt zumindest wirklich aus der direkten Umgebung.

  12. Vermutlich sind nur wenige Bioprodukte wirklich gesünder. Allerdings ist biologischer Anbau gesünder für unsere Umwelt und damit auch langfristig für uns.

  13. Also ich finde Bio Produkte spitze und hab wirklich gar keinen Ärger damit.

    Habe daher auch einen Blog ins Leben gerufen : http://bio-schnaeppchen.de

    Ich möchte das Bewusstsein der Leute zum Thema Bio ändern, weil leider viel falsches in den Köpfen schwirrt!

    Lieben Gruss

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