Babygeschrei: Nationale Schreiprofile

Baby_01Gibt es so etwas wie Babyschrei-Forschung? Offensichtlich nicht oder noch nicht lange. Denn sonst wüßte man vermutlich schon längst, daß sich Neugeborene mit ihrem Schreien ganz deutlich an ihrer Muttersprache orientieren. Eine interessante Studie konnte jetzt klar zeigen, daß deutsche Babys anders weinen und schreien, als ihre französischen Altersgenossen.

Daß Kinder bereits im Mutterleib hören, daß sie die Geräusche und Musik der Außenwelt wahrnehmen1 und sogar die Stimme ihrer Eltern identifizieren können, ist schon länger bekannt. Wie entscheidend diese Höreindrücke möglicherweise für den Spracherwerb sind, zeigt nun die Untersuchung von Kathleen Wermke (Universität Würzburg) und ihren Kolleginnen.

Babygeschrei ist nicht gleich Babygeschrei: Melodie und Rhythmus unterscheiden sich in Abhängigkeit von der Muttersprache

Das Team um Kathleen Wermke hat jeweils 30 Neugeborene aus Deutschland und Frankreich untersucht, die alle zwischen drei und fünf Tage alt waren. Sie haben das Geschrei der Babys aufgezeichnet und analyisiert. Dabei zeigten sich deutlich Unterschiede, was Melodie und Rhythmus des Geschreis angeht.

Der deutlichste Unterschied zeigt sich im Melodieverlauf: die französischen Babys schreien mit steigendem Melodiebogen, auf der anderen Seite des Rheins fällt die Melodie aber ab. Hier zeigen sich also Parallelen – so die Forscher – zu den gesprochenen Sprachen. Der typische deutsche Schreihals startet mit Vehemenz, lässt dann aber nach. Der französisch geprägte Schrei beginnt dezent, steigert sich aber mit der Zeit.

Hier zwei idealtypische Schreiprofile:2

Schreiforschung

Man darf gespannt sein, welche Erkenntnisse die Babyschreiforschung noch bereithält. Welche Konsequenzen hat es, wenn die Kinder pränatal (!) zweisprachig aufwachsen? Wann gibt es die erste Wette bei „Wetten, daß…?“, bei der ein Kandidat allein am Geschrei die Kleinkinder den jeweiligen Herkunftsländern zuordnet?

  1. Seitdem das bekannt ist, beschallen manche überambitionierte werdende Eltern ihren Nachwuchs bereits pränatal mit gefühlsduseligen Mozartsinfonien, damit aus diesem späterhin ein Musikgenie werde. []
  2. Abbildung 2, Wermke et. al: Newborns‘ Cry Melody Is Shaped by Their Native Language []

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