Blogger-Homestory in der FAZ: Don Alphonso und Robert Basic im Portrait ::: Jan Schmidt im TV | Werkstatt-Ticker 10

Blogger-Homestory in der FAZ: Don Alphonso und Robert Basic im Portrait ::: Jan Schmidt im TV | Werkstatt-Ticker 10 » Irgendwann ist die Schwelle erreicht, ab der aus Bloggern wenigstens relative Personen des allgemeinen Interesses werden. Der Kreis der Verdächtigen, diejenigen also, die auch jenseits der heimischen Blogosphäre wahrgenommen werden, ist verhältnismäßig klein.

Mit einem unbedingt lesenswerten Artikel in der heutigen FAZ haben jedenfalls Robert Basic und Rainer Meyer alias „Don Alphonso“1 ein weiteres Mal bestätigt bekommen, daß sie zumindest von Journalisten als Aushängeschilder und Wortführer der hiesigen Blogszene angesehen werden.

Thomas Thiel hat sich für die FAZ auf den Weg gemacht, um Don Alphonso in Ingolstadt und Robert Basic in seiner hessischen Heimat zu besuchen. Herausgekommen ist eine kleine Homestory, die vielleicht nicht wahnsinnig viele neue Erkenntnisse liefert, aber durchaus ein nettes Bild dieser bloggenden Herrschaften zeichnet.

Im Gegensatz zu vielen journalistischem Pamphleten über die Blogosphäre hat sich Thomas Thiel ganz offenbar ohne die üblichen Vorbehalte den einzelnen Bloggern genähert – über Don Alphonso notiert er etwa:

„Don Alphonso treibt ein radikal aufklärerischer Impuls: Contra deum terramque, gegen Gott und die Welt, nennt er sein Motto auf „Rebellen ohne Markt“, und so wettert er, politisch unverrechenbar, gegen die selbstverliebte Berliner Bloggerszene, gegen die Kommerzialisierungsbestrebungen von Bloggern, gegen die vagen Versprechungen und geringen Gehälter, mit denen Zeitungen Blogger für ihre Zwecke einzuspannen versuchen, gegen die Profilierungsversuche der Pleitiers der New Economy, die jetzt ihre Fühler nach neuen Geldquellen ausstrecken, gegen alle Formen von diskreter Allianzbildung in den Medien, gegen die Verluderung der Sitten und die Kritiklosigkeit im Journalismus überhaupt.“

Und er liegt damit genauso richtig, wie in den Passagen, in denen er über Robert schreibt:

„Robert Basic unterhält ein eigenes Wissensuniversum mit bizarren Querverbindungen und Gedankensprüngen. Sein Grundton ist philanthropisch und liberal, doch ohne politisches Sendungsbewusstsein. Es geht ihm nicht um Politik, es geht ihm um die Menschen, die er gern von ihrer besseren Seite wahrgenommen wissen will, auch um den Preis, Gegensätze zu minimieren.“

Alles in allem ein wohltuender, gut informierter Essay. Fast am Ende des wirklich langen und schönen Textes scheinen Thomas Thiel allerdings für einen kurzen Moment die guten Geister2 verlassen zu haben – er schreibt:

„Jene standardisiert mit „Hehe“, „Tja“ oder „Ugugu“ begonnenen Meinungsbekundungen, die im Dünkel argumentativer Überlegenheit und im Bewusstsein der durch die Anonymität geminderten Rechenschaftspflicht vorgetragen werden.“

Lieber Thomas Thiel, wo bitteschön sind diese Blogkommentare (=Meinungsbekundungen?!), die mit „Hehe“ oder „Tja“ beginnen? Und sie haben doch bitte nicht geglaubt, bei „Ugugu“ handele es sich um eine Äußerung. Es ist das Pseudonym eines Bloggers!3 Und den Quark von wegen eines „Bewusstseins der durch die Anonymität geminderten Rechenschaftspflicht“ schlagen sie sich auch besser wieder aus dem Kopf. Ansonsten, Danke für den Text!

 



» Und zuletzt noch ein kleiner Programmhinweis für alle Blogfreunde: am morgigen Sonntag, um 9 Uhr wird Jan Schmidt4 in der ZDF-Sendung „Sonntags“ zu sehen sein. Er schreibt dazu selbst:

„Unter dem Titel “Entblößt im Internet?” wird es u.a. um “die neue Offenherzigkeit im Internet” gehen, also um die Auswirkungen von Blogs und Social Network Sites auf Identitätsmanagement, Privatsphäre und soziale Beziehungen.“

Es ist also durchaus ein spannendes Thema und es ist sicher interessant, wie sich Jan dort schlägt. Die Aufzeichnung der Sendung ist wohl schon vorbei und es ging – so erfahre ich eben – alles reibungslos über die Bühne.5



  1. Don Alphonso bloggt hier bei „Rebellen ohne Markt“ und der „Blogbar„ []
  2. Herrlich! „Ugugu“ scheint Herrn Thiel an so kryptische Wortschöpfungen wie „imho“ oder „afaik“ erinnert zu haben. Was wohl mit „Ugugu“ gemeint sein könnte? []
  3. Dessen Blog-Adresse im übrigen seeeeehhr lang ist. []
  4. Die Wissenswerkstatt wird hier allmählich zum Jan-Schmidt-Fanblog, aber was soll ich machen, wenn der Kerl ständig berichtenswerte Dinge macht… []
  5. Der einzige Wehmutstropfen für Jan ist die heutige Niederlage des HSV. []

6 Gedanken zu „Blogger-Homestory in der FAZ: Don Alphonso und Robert Basic im Portrait ::: Jan Schmidt im TV | Werkstatt-Ticker 10“

  1. Mit der „geminderten Rechenschaftspflicht“ hat er IMHO nicht unrecht – viele Blogger schreiben online sehr viel aggressiver als sie es in anderen sozialen Kontexten wagen würden. Das Phänomen ist nicht immer so extrem wie bei „Kunstfiguren“ mit antisozialen Tendenzen, aber es ist definitiv vorhanden.

    Ich hab mich aber gefragt, wann es jemals ein „stilles Einverständnis der Blogosphäre, nie einem anderen vorzuschreiben, was er zu tun habe“ gab.

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  2. Tja, hehe:

    Ich verstehe das Lob für den Text nicht ganz. Über die Blogkultur wird gesagt: „Den wenigen, die sie vorantragen und die meist dafür nicht bezahlt werden, erlaubt das Medium kaum Spezialisierung oder Zeit für Recherche.“

    Das stimmt eindeutig nicht. Es gibt wichtige Blogs in denen Recherche passiert. Meist sind diese Blogs auch auf Themen spezialisiert und werden von ausgebildeten Menschen betrieben. Dabei ist es egal, ob sie dafür bezahlt werden oder wie viele von ihnen nichts dafür bekommen. Und gerade diese Blogs tragen das Medium entschieden voran. Jedenfalls mehr als die, die nur immer irgendwo abschreiben und den selben Brei immer wieder durchkauen.

    Zudem kann man feststellen, dass bei der Auswahl der Blogs zwei genommen wurden, die sich in gewisser Weise stark ähneln. Beide funktionieren stark über eine Figur des Bloggers und weniger über die behandelten Themen.

    Aber was der Artikel vollkommen zu recht zu Tage bringt ist, dass es sich bei Bloggern häufig um durchaus gebildete Menschen handelt. Das ist im öffentlichen Bewusstsein nicht stark vorhanden.

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  3. @Fischer + Ugugu:

    Die Variante ist klasse. Vielleicht sollte man zukünftig tatsächlich seinen Kommentaren ein herzhaftes „ugugu“ voranschicken. Dann würde Herrn Thiels Behauptung wenigstens ex post halbwegs legitimiert.

    @Torsten:

    Klar ist, daß innerhalb des Internets (egal ob es nun in Blogs oder Foren ist) die Hemmschwelle was Beleidigungen und andere verbale Entgleisungen angeht, geringer ist als im „echten“ Leben.

    Allerdings suggeriert die von mir zitierte Passage wieder einmal, die Blogosphäre sei ein Tummelplatz für anonyme Krawallbrüder. Die Tatsache, daß es einige Blogger gibt, die das nicht unter ihrem Klarnamem machen, trifft zwar zu. Aber in der Regel stehen die Blogger auch mit ihrem Namen zu all dem, was sie da schreiben und von einer geminderten Rechenschaftspflicht mag ich (man erinnere nur die Abmahnungen etc.) auch nicht reden.

    @Thomas Günther:

    Stimmt! Der Satz in dem Blogs als Medium dargestellt werden, das keine bzw. kaum Recherche oder Spezialisierung erlaube, ist Blödsinn. Ich sehe es ja ganz genau so, daß in Blogs eben sehr viel Recherche und Hintergrundinfos einfließen können. Da stimme ich Dir zu 100% zu.

    Abgesehen davon (und von einigen wenigen Beanstandungen, die ich im Detail hätte) halte ich den Artikel dennoch für sehr gut. Es ist ja auch nicht primär eine Beschreibung der Blogosphäre, sondern eine kleine, feine psychologische Charakterstudie einiger ihrer exponiertesten Repräsentanten.

    Und als solche – quasi psychologische Fingerübungen und Skizze – finde ich den Text klasse. Sowohl Don Alphonso, als auch Robert Basic werden hübsch und (in meinen Augen) durchaus treffend dargestellt.

    Und was mit entscheidend ist: endlich ist das mal ein Artikel, der sich neugierig und ohne Argwohn den Bloggern nähert. Thomas Thiel scheint mir ernsthaft interessiert zu sein und schildert die Blogosphäre und die Blogger mit feinen, nuancierten Pinselstreichen. Und das Gemälde ist eben nicht schwarz-weiß, sondern bunt – mit Schatten, aber auch viel Licht.

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  4. @Marc: Nein, da haben wir eine etwas andere Wahrnehmung. Zwar sind die meisten Blogger wohl nicht völlig anonym, aber die Einsicht zu den Folgen seiner Blog-Postings zu stehen, ist nicht überall verbreitet.

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