Jürgen Habermas » Denker der Unübersichtlichkeit

Die zeitgenössische deutschsprachige Philosophie ist mittlerweile in ein Stadium der "Unübersichtlichkeit" eingetreten, so daß ein Denker wie Jürgen Habermas inzwischen fast wie ein Fossil aus vergangener Zeit anmutet. Die Zergliederung der politisch-diskursiven Landschaft der damals noch alten Bundesrepublik hatte Habermas Anfang der 80er noch mit dem Schlagwort der "Neuen Unübersichtlichkeit" belegt – heute (so scheint es) hat dieser Prozeß längst auch die akademischen Gesellschafts- und Geisteswissenschaften erfasst. 

Kaum vorstellbar, daß sich heute das Feuilleton noch für theoretische Debatten wie bspw. diejenige zwischen Niklas Luhmann und Jürgen Habermas in den 70ern begeistern könnte. Die Zeiten sind andere geworden und nunmehr werden die Zeitungsspalten mit Anmerkungen zu Kinderkrippen, Familienpolitik und Klimawandel gefüllt. Sicher, alles wichtige und geradezu diskussionspflichtige Fragen; dennoch erstaunlich, daß darüber die Lust an grundsätzlichen Debatten verloren gegangen scheint.

Gleichwohl: Jürgen Habermas ist mehr denn je ein Solitär in der bundesrepublikanischen Szene. Fast seltsam, daß zu den jüngsten Diskussionen anläßlich des fünfzigsten Jahrestags der Römischen Verträge, nichts von ihm zu hören war.

Einen interessanten Interviewmitschnitt (in engl. Sprache) hat Daniel Lüdecke aufgestöbert; hier äußert sich Habermas zu Schwerpunkten seiner Arbeit (u.a. deliberative Demokratie und das Modell der kommunikativen Vernunft). Leider nur knapp 5 Minuten lang, aber ein nettes Zeitdokument des Verfassers von Faktizität und Geltung oder der Theorie des kommunikativen Handelns.  

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