Von Frankfurt über Bremen nach Wien » Reisetagebücher | Werkstattnotiz 129

Wenn sich Blogger in den Zug setzen, um fremde Städte zu bereisen, dann stecken meistens handfeste Motive dahinter. Wenn es nicht irgendwelche Barcamps sind, dann sind es (zumindest in meinem Fall) verschiedene Tagungen oder Kongresse, die sich meist um das Thema Wissenschaftskommunikation drehen.

Der schöne Nebeneffekt: man begegnet zur Abwechslung vielen Personen, mit denen man sonst nur online kommuniziert. Und ein „reales“ Treffen und ein kurzer Plausch, ergänzen dann auf schöne Weise die alltägliche Kommunikation über TWitter und Blog. Der weniger schöne Begleiteffekt all der Reisen: man hat noch weniger Zeit, um spannende Blogbeiträge zu schreiben. Und ich komme so erst jetzt dazu, kurz auf meinen Besuch bei der Frankfurter Buchmesse zurückzublicken, der nun schon drei Wochen zurückliegt.

Rückblick: ScienceSunday auf der Frankfurter Buchmesse

Wie ich bereits geschrieben hatte, bin ich zum „Science Sunday“ eingeladen gewesen, um erstens einen kurzen Vortrag zu den Optionen wissenschaftlicher Weblogs zu halten, zweitens um an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen. Zu meinem Vortrag gibt es nicht so wahnsinnig viel zu sagen – ich habe dem Buchmessenpublikum auch nichts anderes erzählt, als ich es die letzten Monate nicht auch zu anderen Gelegenheiten getan hätte. Wer sich für meine Präsentation interessiert, der sei bspw. auf diesen Beitrag verwiesen.

Nach mir hielt u.a. noch Sven Keßen (s. Photo) ein Plädoyer für den bloggenden Wissenschaftler, denn die Zugangsschwellen und technischen Anforderungen einen eignen Weblog zu starten, so Sven, seien äußerst niedrig. Mit ein wenig Experimentierlust kann der Einstieg in die wissenschaftliche Blogwelt innerhalb von wenigen Stunden gelingen.

Sven Keßen bei seinem Vortrag

Podiumsdiskussion: Kaum Disput, viel Konsens

In der anschließenden Diskussion gab es denn auch kaum wirkliche Kontroversen. Vielleicht müßte man mal wirklich einen Vertreter der Fraktion einladen, die im Internet und v.a. in seiner Spielart Web2.0 den Niedergang des Journalismus sehen? Aber so waren mit Carsten Könnecker von Spektrum, Christian Dries von Sciencegarden, Matthias Schündler von Wikipedia und dem zugeschalteten Thomas Wanhoff ohnehin nur Exponenten der dialogisch-demokratischen Wissenschaftskommunikation vertreten.

Sicher – ich selbst schätze das Potential von Weblogs recht optimistisch ein, v.a. was deren (potentielle) Kraft angeht, die herkömmlichen, manchmal zu routinierten Formen des Wissenschaftsjournalismus, aufzumischen. Carsten Könnecker ist hier etwas skeptischer, nüchterner und hält (aus gutem Grund) die Fahnen der Qualitätsjournalismus hoch und betont den Spielwiesencharakter von Weblogs.

Allerdings denke ich, daß Carsten und ich im Grunde nur marginal auseinanderliegen – denn Carsten schätzt Weblogs ja eben auch als dialogisches Medium und findet es spannend, wenn sich Wissenschaftler so unmittelbar mitteilen.1 Umgekehrt bin ich der Letzte, der behauptet, daß Weblogs das Alleinseligmachende Instrument seien – Blogs haben bestimmte Stärken, aber wir brauchen den redaktionell verankerten, professionellen Wissenschasftsjournalismus unbedingt. Wenn dieser weniger Schnellschüsse produziert, weil die Redakteure wissen, daß ihnen im Zweifelsfall die Blogger die Fehler, Ungenauigkeiten haarklein vorrechnen, umso besser.

Und die Podiumsdiskussion gibt es inzwischen sogar auf youtube zu sehen. Hier noch ein kleiner Ausschnitt. Bei Carsten sind alle Teile verlinkt:

Insgesamt war der Frankfurtbesuch sehr interessant. Und ich konnte nach der Podiumsdiskussion sogar noch einen kurzen Bummel durch die Buchmessenhallen machen – soooo viel bedrucktes Papier und fast noch mehr lesewütige Menschen. Toll! Das nächste Mal, muß ich mir mehr Zeit dafür nehmen.

Die Rückfahrt von Bremen war dann im übrigen eine Erfahrung ganz besonderer Art: der ICE-Ersatzzug war bereits 10 Minuten vor planmäßiger Abfahrt heillos überfüllt. Kurz darauf stapelten sich die Fahrgäste. Und als es 20 Minuten nach der geplanten Abfahrt immer noch nicht losging (und immer weitere Fahrgäste sich in die Waggons drängten bzw. zwängten) wurde der Zug teilweise von der Bahnpolizei geräumt bzw. zum Verlassen desselben aufgefordert.2 Ich saß jedenfalls eingezwängt inmitten gestresster anderer Passagiere und beobachtete mit meiner Sitznachbarin, der Regisserin Hanna Rudolph, halb amüsiert, halb staunend, die Zustände und Begleiterscheinungen dieses sonntäglichen Menschenverfrachtungsunternehmens.

Vorblick: Wissenswerte Bremen & SciCom Wien

Im Moment bin ich auch schon wieder unterwegs. Nämlich in Bremen, wo noch bis Mittwoch die „Wissenswerte„, das Klassentreffen des deutschsprachigen Wissenschaftsjournalismus stattfindet. Ich selbst werde bei Gelegenheit hier in der Werkstatt und auch direkt im Wissenswerte-Blog3 einige spontane Einschätzungen dokumentieren.

Und wenn ich am Mittwochabend um 23.30Uhr in München ankomme, so muß ich schleunigst Aus- und wieder Zusammenpacken, denn um 7.00Uhr am Donnerstag sitze ich schon wieder im Zug in Richtung Wien. Dort findet die SciCom08 statt – die Fachtagung für Wissenschaftskommunikation, die ebenfalls mit vielen hochspannenden Vorträgen aufwartet. Ich selbst bin erst am Samstag beim Workshop „Wissenschaft virtuell“ mit dabei – Details dazu findet man dazu zu gegebener Zeit, hier und natürlich auch bei Twitter.

  1. Seinen Rückblick findet man übrigens hier. []
  2. Zumindest die Fahrgäste, die auch Regionalzüge benutzen konnten. []
  3. Zu dem mich netterweise Annette Leßmöllmann eingeladen hat. []

Schreibe einen Kommentar