Weblogs und Journalismus ::: Twitteraturkritik | Werkstatt-Ticker 15

Ticker.jpg» Blogs, Politik und Journalismus

Die Diskussion, ob Blogs überhaupt als Alternative zum herkömmlichen Journalismus anzusehen sind, darüber, ob Blogger überhaupt journalistische Motive haben und ob Blogs nicht doch nur ein kurzlebiger Hype sind, wird uns noch eine Weile begleiten.1 Immer wieder kreist die Debatte um die Frage, welche bedeutung Blogs heute schon für die journalistische Arbeit, als Recherche- und Inspirationsquelle haben.

Solchen und ähnlichen Fragen ist Peter Bihr in seiner Magisterarbeit nachgegangen. Er schreibt selbst dazu:

„Doch welche Bedeutung haben Weblogs für die tägliche Arbeit von Politikjournalisten in Deutschland? Im Rahmen dieser Arbeit wurden Politikjournalisten aus den Redaktionen deutscher Tageszeitungen (Print und Online) und von Nachrichtenagenturen dazu befragt, welche Bedeutung Weblogs für ihre Arbeit haben.

Die befragten Politikjournalisten bescheinigten Weblogs mehrheitlich eine geringe Bedeutung für ihre tägliche Arbeit. Für die Auslandsberichterstattung wurde Weblogs eine größere Bedeutung zugeschrieben als für die innenpolitische Berichterstattung.“

Und Peter stellt seine Arbeit (die man übrigens auch als Buch käuflich erwerben kann) unter der CC-Lizenz zum Download bereit:

» Ich twittere, Du twitterst, wir twittern…

Zumindest in der hiesigen Blogosphäre ist das Twitter-Paralleluniversum inzwischen akzeptiert und wird immer stärker respektiert. Was sich nicht zuletzt daran ablesen läßt, daß Rivva seit wenigen Tagen auch einen Twitter-News-Channel eingerichtet hat.

Twitter, das für diejenigen, die mit diesem Begriff (noch?!) nichts anfangen können, wird manchmal als ein Micro-Blogging-Dienst beschrieben, was gar nicht so verkehrt ist.2

Was sich dahinter verbirgt? In 140 Zeichen können Twitternutzer kurze Nachrichten, Kommentare oder Links verschicken, die irgendwo in der großen Twittersphäre gelesen werden und in den großen Nachrichtenstrom einfließen. Meine eigenen Twitternachrichten findet man ja links unten hier in der Werkstatt oder auch einfach hier: Twitter/Werkstatt.

Weshalb ich aber heute darüber schreibe? Vor wenigen Tagen haben der verehrte Herr Bosch, der Twitterfreak Mspro, Herr Grau und einige Mitstreiter einen hochspannenden Twitter-Meta-Kritik-Blog ins Leben gerufen. Dort werden einerseits besondere Perlen herausgepickt, ausgestellt, vorgestellt und einer quasi-literaturwissenschaftlichen Kritik unterzogen. Andererseits werden einzelne, besonders prominente und/oder originelle3 Twitterer vorgestellt.

Und was dort bislang zu lesen war, ist – egal ob man selbst twittert oder nicht – eine wahre Freude. Alle Literatur- und Textfreunde, die auch kurzen Sentenzen etwas abgewinnen können, finden dort sehr, sehr lesenswerte Notizen.

Der A- und Promi-Blogger @kosmar wurde etwa u.a. mit folgendem „Tweet“ vorgestellt; kosmar schrieb am 7. Februar:

„Dann geh ich mal aus mir raus.“

Die Exegese von Twitkrit lautete:

„Seine eigenen Tätigkeiten dagegen beschreibt er zuweilen mit einer philosophischen Tiefe, die selbst Heidegger ehrfürchtig zusammenzucken ließe. Kosmar sein, heißt außer sich sein. Die Sprache, das Haus des Seins, wird bei Kosmar zum Exil…“

Die Menschen von Twitkrit sind auf dem besten Wege die kritische Begleitung der mikro-literarischen Szene zu revolutionieren. Tweets, also Twitternachrichten, sind bisweilen Gedankendestillate. Schräg, treffend, humorvoll. Manchmall etwas Dada, aber schön. Fast noch schöner ist das, was die Twitkritiker daraus machen.



  1. Wenigstens so lange es Blogs gibt und der letzte Server-Administrator noch nicht den Stecker gezogen hat. []
  2. Und alle Wissenschaftsblogger seien getröstet: die Zukunft liegt nicht im Wissenschaftstwittern. 140 Zeichen sind da wohl doch zu limitiert… []
  3. Besteht da eine Korrelation? []
  4. Wem sonst? []

3 Gedanken zu „Weblogs und Journalismus ::: Twitteraturkritik | Werkstatt-Ticker 15“

  1. *Für die Auslandsberichterstattung wurde Weblogs eine größere Bedeutung zugeschrieben als für die innenpolitische Berichterstattung.*

    …und ein kurzer Streifzug durch die deutschsprachigen Politikblogs demonstriert auch sehr nachdrücklich, weshalb das so ist. Da gibt es hierzulande einfach noch immensen Nachholbedarf.

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  2. Ich glaube nicht, dass man das so pauschalisieren kann.
    Ich selbst lese kaum wirklich „jounalistische“ Blogs (genauso wie mein eigener Blog nicht journalisitisch ist). Blogs können noch viel mehr. Für welche Inhalte sich die Form des Blogs besonders eignet, muss sich meiner Meinung nach erst herausstellen.

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