Miserable Weihnachten mit Malcolm Middleton » We’re all going to die | kurz&knapp 12

Mit der Weihnachtsstimmung verhält es sich genauso wie mit allen anderen Kulturphänomenen: auf zuviel Glühwein folgen wenig besinnliche Kopfschmerzen, zuviel Festtagsstimmung kippt allzu leicht in ihr Gegenteil um: in miese Laune. Hier gilt wie anderswo im Leben: »Die Dosis macht das Gift«.

Ein Musiker, der immer auf der richtigen Seite stand – nämlich auf derjenigen von Sentimentalität, Frustration und Wut – ist gerade in England dabei, mit einem etwas speziellen Weihnachtshit die Charts zu stürmen. »We’re all going to die« lautet Titel und Refrain des Songs von Malcolm Middleton und er wäre wohl in Deutschland nicht denkbar.1 Aber Middleton ist schließlich Schotte und hat sich seit vielen Jahren als verschroben-genialer Indie-Folk-Songwriter einen Namen gemacht und genauso ist er dafür bekannt, daß er die Dinge gerne beim Namen nennt.

Malcolm Middleton war bereits in der Indieband »Arab Strap« für die melodiös-sentimentalen Songs zuständig. Und seine Soloprojekte bleiben diesem Kurs treu: düster, krachig, mies gelaunt.

Als Teil der phänomenalen Indieband »Arab Strap« war er von 1995-2006 für deren düstere Songs zuständig, in denen er Schicksalsschläge und die übrige Misere des Lebens besang oder treffender: beklagte.

Seit der Trennung von »Arab Strap« und deren Abschiedstournee2 tobt sich Malcolm noch intensiver als Solokünstler aus. »A brighter beat« war sein drittes Album betitelt und vor wenigen Tagen folgte die Singleauskopplung von »We’re all going to die«. Und zur Jahreszeit passend hat Malcolm ein unbedingt sehenswertes Weihnachts(mann-)video dazu gebastelt.

Größer könnten die Kontraste nicht sein, wenn man sich die derzeit ansonsten aus allen Ecken klingenden Harfenklänge und goldgelockten Engelchen in Erinnerung ruft. Der Song besteht ja im Grunde zu 2/3 aus dem vorwärts drängenden Refrain, um den Middleton souverän ein paar bitterböse Strophen gruppiert.3 Nach meinem Geschmack ist der hämmernde Schlagzeugpart etwas zu dominant, aber insgesamt finde ich den Song hochsympathisch und ein wenig an die seligen Ramones gemahnend,4 was selbstverständlich auch an Malcolms Gesang liegt.

Da die BBC dieses Juwel entdeckt hat und den Song gerade in England pusht, haben sie Malcolm eingeladen und den Song mit Streichern, weiteren Orchestermusikern und einem Schülerchor eingespielt. Und diese Interpretation finde ich dann wiederum phantastisch. Liegt vermutlich daran, daß ich fast allen Streichinstrumenten und Chören – wenn sie gekonnt in Indiesongs eingebunden sind – etwas abgewinnen kann. Aber, seht und hört doch selbst:

 

 

Scheint fast so, als würde die Sache sowohl Malcolm, als auch den anderen Musikern und den Chormädchen jede Menge Spaß machen. In diesem Sinne: Haben Sie Spaß und vergessen Sie dabei nicht – »We’re all gonna die«!

 


Linkempfehlungen:

CD-Tipps:

 

 

  1. Den Songtipp habe ich hier bei "Jackpot Baby!" entdeckt. []
  2. Das letzte Münchner Konzert im »Ampere« habe ich im Herbst 2006 natürlich besucht. []
  3. Und ich persönlich fühle mich stark an das grandiose "Disco B" von der Schwäbisch-Gmünder-Indie-Hoffnung "Die Autos" erinnert. []
  4. Und an dieser Stelle muß ich selbstverständlich herzliche Grüße an den Afro hinterlassen! []

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